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Grenzraum

Über das Projekt

Die bayerisch-tschechische Grenze ist als eine der ältesten Grenzen Europas durch eine wechselvolle Geschichte geprägt. Trotz ihrer relativen Stabilität (der Wittelsbachisch-Habsburgische Grenzvertrag von 1764 besitzt in Teilen bis heute Gültigkeit) erfuhr sie im Laufe der Zeit mehrfach Veränderungen und wurde in den Dienst unterschiedlicher Herrschafts- und Staatsformen gestellt. Besonders markant für diesen seit Jahrhunderten eng miteinander verflochtenen und durch eine intensive Interaktion seiner Bevölkerung gekennzeichneten Raum wirkten sich jedoch die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und dessen Folgewirkungen aus. Die noch 1945 beginnende Aussiedlung der sudetendeutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei, die Errichtung des „Eisernen Vorhangs“ und die damit verbundenen Restriktionen veränderten die Struktur des Grenzgebiets grundlegend. Kontakte ins Nachbarland und der traditionelle Schmuggel zwischen Bayern und Böhmen brachen seit Ende der 1940er Jahre nahezu vollständig ab, die Grenze wurde zur Konfrontationslinie zwischen Ost und West.

Gleichzeitig führte die über vier Jahrzehnte dauernde Teilung auf beiden Seiten zu unterschiedlichen ökonomischen und demographischen Entwicklungen und begünstigte die Entstehung von stereotypisierten Wahrnehmungen. Selbst nach der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ im November 1989 konnten diese Auswirkungen der Trennung nur schrittweise überwunden werden und wirken teils noch bis heute fort. Demgegenüber haben die Aufnahme der Tschechischen Republik in die Europäische Union 2004 und der Beitritt Tschechiens zum Schengener Abkommen 2008 die Bedeutung der Grenze grundlegend verändert und zugleich neue Perspektiven für eine weitere Annäherung und Intensivierung der Beziehungen zwischen Bayern und Böhmen eröffnet.


Die Entwicklungen im Umfeld des „Eisernen Vorhangs“ an der bayerisch-tschechoslowakischen Grenze zu erschließen und dessen Auswirkungen für die Gegenwart zu analysieren, war das zentrale Anliegen des im Rahmen der Ziel-3-Partnerschaftsvereinbarung Freistaat Bayern - Tschechische Republik 2007-2013 geförderten und interdisziplinär ausgerichteten Forschungsprojekts. Insgesamt 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Regensburg und der Westböhmischen Universität Pilsen beschäftigten sich zwischen Januar 2009 und Dezember 2011 mit der Geschichte der geschlossenen Grenze, werteten Statistiken zur Bevölkerungsentwicklung aus und untersuchten die ökologischen Folgen des Grenzregimes. Ihre aktuellen Ergebnisse tauschten sie auf jährlich stattfindenden Projektkonferenzen aus, wobei sich schon früh zeigte, dass viele Fragestellungen der Gegenwart nicht ohne einen Rückgriff auf die Vergangenheit zu verstehen sind und dass das Zusammenwirken verschiedener Disziplinen eine elementare Voraussetzung für die Erarbeitung von komplexen Lösungsansätzen darstellt.


Eine besondere Rolle spielte im Regensburger Projektteil zudem die Frage nach dem Alltag an der Grenze bzw. nach dem Leben am und mit dem „Eisernen Vorhang“. In diesem Zusammenhang wurden mehrfach Zeitzeugenbefragungen beiderseits der Grenze durchgeführt und die Inhalte der Gespräche fachlich ausgewertet. Ergänzend hierzu fanden Podiumsdiskussionen in grenznahen Schulen in Bayern und Böhmen statt, die es den teilnehmenden Schülern ermöglichen sollten, im direkten Gespräch mit Zeitzeugen mehr über die jüngere Vergangenheit ihrer Heimat zu erfahren und so die Bedeutung der Grenzöffnung zu erfassen.


Im Ergebnis gelang es den Projektmitarbeitern, die Geschichte des „Eisernen Vorhangs“ zwischen Bayern und der einstigen Tschechoslowakei umfassend zu recherchieren und zugleich Perspektiven für künftige Entwicklungen zu erarbeiten. Zeugnis ihrer Tätigkeit legen zudem mehrere Publikationen und Filme ab, die im Rahmen des Projekts erarbeitet und kostenfrei an Schulen und Bildungseinrichtungen als Informationsmaterialien abgegeben wurden.  
Wir bedanken uns abschließend herzlich bei der Regierung der Oberpfalz, dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und dem Stadtarchiv Regensburg, die das Projekt durch ihre finanzielle Unterstützung ermöglichten und deren Mitarbeiter uns jederzeit beratend bei allen projektbezogenen Fragen zur Seite standen.   


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Lehrstuhl für Geschichte Südost- und Osteuropas

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