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Spastik und Bewegungsstörung

Das Kind mit Spastik und Bewegungsstörung: Wie ein Medikament und die richtige Stützschiene helfen kann, Operationen hinauszuzögern

Eine angeborene oder auch erworbene Tonuserhöhung (Spastik) der Muskulatur, besonders wenn sie nicht symmetrisch auftritt, kann zu sehr beeinträchtigenden Bewegungsstörungen und Gelenkkontrakturen führen. Hierunter haben besonders Kinder zu leiden, die meist durch Geburtstraumata oder Infektionen Behinderungen ihrer Bewegungssteuerung haben, so dass die Entwicklung zum aufrechten Gang gestört ist.

Mit einem kontrollierten Einsatz eines von Bakterien produzierten Wirkstoffes, dem Botulinum-Toxin A, können  an der Orthopädischen Klinik der Universität Regensburg in Bad Abbach gerade die Muskeltonuserhöhungen abgeschwächt werden, die das Kind daran hindern, im wahrsten Sinne „auf die Beine“ zu kommen. Hierzu gehören besonders die Wadenmuskulatur und Teile der Hüftmuskulatur, was durch ein ausgeprägtes Ungleichgewicht von Tonuserhöhung und Schwäche zu Spitzfüssigkeit und dem sogenannten Scherengang führt.

Botox

Zur wirksamen Botox-Therapie muß die Problematik der spastischen Tonuserhöhung beim Kind möglichst früh (vor dem Schulalter) erkannt sein, um Störungen der Entwicklung von Gelenkstrukturen und Bewegungskompetenz des betroffenen Kindes früh abzuwenden. Wegen der sehr hohen Wirkpotenz des Botulinum-Toxin A muss jeweils die möglichst geringste Dosis angewendet werden. Kleinste Spuren der Substanz reichen bei Injektion in den betroffenen Muskel aus, den Tonus vorübergehend für 3-5 Monate dergestalt zu schwächen, dass eine Balance der gelenkumgreifenden Muskulatur hergestellt werden kann. Botox wirkt hierbei hemmend an der Kopplungsstelle zwischen steuerndem Nerv und Muskelzelle, so dass die Übererregbarkeit deutlich abnimmt, in der Regel nach 3-7 Tagen.

Die Folge ist, dass sich die Spitzfüssigkeit beim spastischen Zehengang zurückbildet; dass erstmals richtig gestanden werden kann; dass kaum spreizbare Hüften sich wieder abspreizen lassen. Dadurch kann die notwendige Stabilität beim aufrechten Gehen erzielt werden.

In der limitierten Zeit der Botox-Wirksamkeit kann das Kind somit meist zum ersten Mal in seinem Leben unter Einsatz stützender Schienen (Orthesen) eine Bewegungsfreiheit erleben, die Gleichaltrige als selbstverständlich hinnehmen.

Dabei kann mit Botox gleichzeitig auch simuliert werden, ob ggf. chirurgische Eingriffe zu späteren Zeitpunkten sinnvoll sein können. Denn Botox kann durch seine temporäre Spastik-lösende Wirkung einen Sehnen verlängernden Effekt bewirken. In späteren Entwicklungsphasen des Jugendlichen, wenn sich Tonuserhöhungen durch einen unvermeidbaren Sättigungsprozess des Botulinum-Toxins A nach häufigeren Anwendungen in handfeste Sehnenverkürzungen umwandeln, können dann gezielt operative Versorgungen durchgeführt werden.

Warum aber nun Botox beim Kind, wenn sich Operationen im Einzelfall doch nicht ganz vermeiden lassen? Im Fazit kann die korrekt indizierte Anwendung die unweigerlichen Muskel- und Gelenkstörungen über viele Jahre beim spastischen Kind abmildern und bei leichteren Formen Operationen verhindern helfen bzw. bei schwereren Formen weiter nach hinten in der Entwicklungsphase verschieben. Wegen der recht einfachen Anwendung und der geringen Nebenwirkungen lässt sich eine gute Verbesserung der Lebensqualität der kleinen Patienten erreichen und damit das Präventionspotential durch Botox nutzen.


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