Zu Hauptinhalt springen

Exkursion zur Gedenkstätte "Konzentrationslager Flossenbürg" 2010

HomeExkursionen / Flossenbürg 2010


Konzentrationslager Flossenbürg

Im Rahmen der Konferenz "Internationaler Trialog: Die Erinnerung an den 2. Weltkrieg: Deutschland - Russland - Tschechische Republik" vom 21.-24. Oktober 2010 stand auch eine Exkursion auf dem Programm, die zur Gedenkstätte "KZ Flossenbürg" führte. Bei der Besichtigung des ehemaligen Konzentrationslagers Flossenbürg stand weniger eine genaue Nachahmung der damaligen Verhältnisse im Vordergrund, sondern vielmehr - passend zum Konferenzthema - die Nachwirkungen des Konzentrationslagers und die komplexe Geschichte der Erinnerungen an das Lager.


Exkursionsbericht

Im Rahmen der Konferenz „Internationaler Trialog: Die Erinnerung an den 2. Weltkrieg: Deutschland – Russland – Tschechische Republik“ vom 21.-24. Oktober 2010 stand auch eine Exkursion auf dem Programm, die zur Gedenkstätte „KZ Flossenbürg“ führte. Bei der Besichtigung des ehemaligen Konzentrationslagers Flossenbürg stand weniger eine genaue Nachahmung der damaligen Verhältnisse im Vordergrund, sondern vielmehr – passend zum Konferenzthema – die Nachwirkungen des Konzentrationslagers und die komplexe Geschichte der Erinnerungen an das Lager.

An der Tagung nahmen Wissenschaftler/innen und Studierende aus Deutschland, Russland (St. Petersburg) und Tschechien (Prag) teil. Die Organisation und Durchführung der Veranstaltung lagen bei dem Lehrstuhl für Geschichte Südost- und Osteuropas und der Friedrich-Ebert-Stiftung Moskau. Ziel der Exkursion war es, sich mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in Deutschland anhand eines wichtigen Erinnerungsortes zu beschäftigen.

Die Führung durch das ehemalige Konzentrationslager im oberpfälzischen Flossenbürg übernahm der Leiter der KZ-Gedenkstätte, Dr. Jörg Skriebeleit. Gemeinsam mit ihm erkundeten die Teilnehmer der Exkursion das Areal des ehemaligen KZs und besuchten die neu eröffnete Dauerausstellung „Was bleibt – Nachwirkungen des Konzentrationslagers Flossenbürg“ sowie die Ausstellung zur Geschichte des Konzentrationslagers. In den Ausführungen von Dr. Skriebeleit standen jedoch nicht die Rekonstruktion der Lagergeschichte und die Funktion des Lagers, sondern seiner Nachgeschichte als Erinnerung im Vordergrund.

Flossenbürg

Die Nachgeschichte des ehemaligen KZ Flossenbürg schlug von Beginn an einen anderen Weg ein als beispielsweise das ehemalige Konzentrationslager in Dachau. Direkt nach der Befreiung der Häftlinge nutzte man die Baracken als Übergangslager für polnische Flüchtlinge („displaced persons“). Anschließend wurden auf dem Gebiet des ehemaligen Lagers Industrieanlagen angesiedelt und Wohnhäuser (u. a. für vertriebene Sudetendeutsche) errichtet. Erst ab dem Jahr 2000 wurde die bereits bestehende Gedenkstätte erweitert, die industrielle Nutzung des Lagergeländes eingestellt und die alten Strukturen des KZs beispielsweise durch Informationstafeln wieder hervorgehoben. Parallel zu der wirtschaftlichen Nutzung des ehemaligen Lagers spielte es aber auch schon von Anbeginn an die Rolle als Gedenkort, wenn auch mit unterschiedlicher Ausprägung im Laufe der Zeit.

Bereits seit den 1950er Jahren besteht die „Grab- und Gedenkstätte“, die sich aus dem Friedhof, dem Krematorium, einer Kapelle und einer – erst später errichteten – Synagoge zusammensetzt. Sie stellte bis 1999 den Hauptteil der Gedenkstätte Flossenbürg dar. Das Krematorium, die „Aschenpyramide“ und der „Platz der Nationen“ befinden sich im sog. „Tal des Todes“, bereits 1946 eingerichtet wurde und den ältesten Teil der Gedenkstätte darstellt. Von dieser Höllenschlucht, in der Häftlinge erschossen wurden, führt der Weg heute symbolisch hinauf zur von katholisch-polnischen Flüchtlingen errichteten Kapelle zum Gedenken der Opfer. In dieser Kapelle befinden sich mittlerweile Gedenktafeln verschiedenster Nationen.

Das Spezifikum der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg sind nicht wie in anderen KZs die Baracken, sondern das Krematorium. Außerdem wurde der Friedhof nicht früheren, realen Gräbern nachempfunden, sondern er wurde nach ästhetischen Gesichtspunkten konstruiert. Es kann daher vermutet werden, dass das Ziel der zuständigen bayrischen Schlösserverwaltung „die Milderung des harten Charakters des KZs […] durch harmonische Gestaltung“ war (Skriebeleit) – ganz nach dem Prinzip „Minimierung der Relikte zur Maximierung der Sinnstiftung“.

Nach der interessanten Führung über das ehemalige KZ-Gelände wurde die vor wenigen Wochen eröffnete Ausstellung „Was bleibt“ besichtigt, die sich der Geschichte des ehemaligen KZs nach 1945 widmet. Sie folgt einer thematischen Struktur mit den vier Leitlinien: Orte, Erinnerung, Überlebende, Täter, die mit Hilfe auditiver und visueller Medien dargestellt sind. Zentrale Fragestellungen sind u.a. „Wie entstehen Geschichtsbilder?“ „Wer beteiligt sich?“ und „Wie verschiebt sich das Bild?“. In der anschließenden Diskussion mit Herrn Dr. Skriebeleit wurden die verschiedenen Eindrücke gesammelt, die überwiegend positiv und überrascht über diese neue Art und Weise des Umgangs mit der Geschichte eines Konzentrationslagers ausfielen.

Mit der Exkursion nahm die dreitägige, internationale Konferenz zur Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg ein eindrückliches und interessantes Ende. Die Exkursion hat gezeigt, dass es nicht allein die herkömmliche Art der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg gibt – beispielsweise wie im ehemaligen KZ Dachau. Nach der Befreiung durch die Alliierten stand in Flossenbürg vor allem der praktische Nutzen des Areals im Vordergrund und weniger die Möglichkeit, das ehemalige KZ als Gedenkstätte zu nutzen. Das hat sich bis heute in erheblichem Maß gewandelt. Den heute Verantwortlichen der Gedenkstätte ist es daher wichtig, das Bewusstsein zu wecken, wie sich die Erinnerung an das Konzentrationslager nach dem Zweiten Weltkrieg und die Darstellung des Lagers verändert haben. Die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg zeigte deshalb – neben der Geschichte des Konzentrationslagers – auf eindrucksvolle Weise auch eine andere Art der Gedenkkultur: nämlich die Erinnerung an die Erinnerung (bzw. die Versuche des Verdrängens und Vergessens).




  1. Fakultät für Philosophie, Kunst-, Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften
  2. Institut für Geschichte

Lehrstuhl für Geschichte Südost- und Osteuropas

 

Bild17

Universität Regensburg
Universitätsstrasse 31
93053 Regensburg
Telefon +49 941 943-3791
Telefax +49 941 943-5032
E-Mail