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Digital Humanities

Unter dem Schlagwort „Digital Humanities“ wird gemeinhin das Aufgreifen von Informationstechnologie und digitalen Arbeitstechniken in den Geisteswissenschaften thematisiert. Nicht zuletzt ausgelöst durch einschlägige Förderprogramme des Bundesforschungsministeriums, lässt sich in Deutschland in den vergangenen Jahren eine Konjunktur dieses Themas und damit verbundener Initiativen beobachten. Dazu gehören unter anderem:

  • Die Einrichtung entsprechender Infrastruktureinrichtungen in Form von DH-Zentren,
  • die Initiierung und Koordinierung curricularer Aktivitäten im Bereich Digital Humanities,
  • die Berufung von Professuren explizit mit der Denomination Digital Humanities,
  • die Einrichtung von Fachgesellschaften, in Deutschland z. B. der 2013 neu gegründete Verein Digital Humanities im deutschsprachigen Bereich (DHd e.V. ) und
  • die Ausrichtung von Tagungen – erste deutsche Konferenz des DHd in Passau 2014.

In der Zusammenschau dieser Ereignisse und Entwicklungen kann man bereits jetzt davon sprechen, dass sich Digital Humanities erfolgreich im deutschen Wissenschaftssystem etabliert haben.


Lehre

Erste Belege für Digital Humanities-Lehraktivitäten an der Universität Regensburg finden sich bereits in den frühen 1970er Jahren, damals unter dem Begriff der nicht-numerischen Datenverarbeitung. So wurden etwa erste Lehrveranstaltungen in diesem Bereich im WS 1971 / 72 durch den späteren Professor für linguistische Informationswissenschaft, Jürgen Krause, angeboten. Die Etablierung von Fächern mit Bezug zur angewandten Informatik hat in Regensburg insofern eine lange Tradition, die sich mit der Informationswissenschaft und der Medieninformatik bis heute fortgesetzt hat. Mit dem Institut für Information und Medien, Sprache und Kultur (I:ISMK) sowie durch das 2-Fach-BA-System sind sehr gute Voraussetzungen für interdisziplinäres Arbeiten in den digitalen Geisteswissenschaften gegeben.

Formal etabliert wurden die Digital Humanities durch ein entsprechend benanntes Studienmodul, das sowohl im Masterstudium der Informationswissenschaft als auch der Medieninformatik als Vertiefungsschwerpunkt gewählt werden kann, und sich seit 2012 starker Nachfrage erfreut. Weiterhin finden sich im Bachelorstudium einzelne thematisch Übungen, die interdisziplinär mit Kollegen aus der Germanistik, etwa zum Thema „digitale Lexikographie“ durchgeführt werden, sowie auch Forschungsseminare mir einschlägigen Digital Humanities-Themen, etwa „Museumsinformatik und Kulturportale“. Eine neu hinzugekommene zentrale Komponente in der DH-Lehre ist seit dem Wintersemester 2017/2018 der Masterstudiengang „Digital Humanities“. Der Studiengang ist an Geisteswissenschaftler gerichtet. Neben grundlegenden Kenntnissen im Bereich der Informatik, Programmierung, digitaler Medien und Empirie werden praktische Projekte und Forschungsstudien im Kontext der DH umgesetzt.


Forschung

Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Digital Humanities kooperiert dabei mit verschiedenen geisteswissenschaftlichen Fachbereichen, etwa der Germanistik, der Anglistik, der Romanistik, der vergleichenden Kulturwissenschaft, der Medienwissenschaft, der Musikwissenschaft und der Wissenschaftsgeschichte. Beispielhafte Kooperationen sind hier etwa durch das DFG-geförderte Projekt PaLaFra („Le passage du latin au français“) sowie auch durch ein aktuelles Kooperationsprojekt mit dem Haus der Bayerischen Geschichte belegt.

Forschungsschwerpunkte

  • Korpuslinguistische Verfahren und historische Sprachwissenschaft
  • Analyse digitaler Medien (Social Media, Video Games, Social TV)
  • Computergestützte Analyse in der Kunstgeschichte
  • Sentiment Analyse literarischer Texte
  • Quantitative Dramenanalyse
  • Digitalisierung und quantitative Analyse von Musik
  • Computergestützte Analyse von Filmen und Serien
  • Analyse von Alltagskultur und Erfassung historischer Quellen mithilfe von Crowdsourcing
  • Untersuchung typischer Nutzerpraktiken und dem damit verbundenen Einsatz digitaler Methoden in den Geistes- und Sozialwissenschaften („humanist computer interaction“)

Aktuelle Projekte und Forschungskooperationen

PaLaFra („Le passage du latin au français“)

Kooperationspartner: Prof. Dr. Maria Selig (Institut Romanistik, Universität Regensburg), Prof. Dr. Rembert Eufe (Romanisches Seminar, Universität Tübingen) sowie mehrere französischen Kolleginnen und Kollegen von der École Normale Supérieure in Lyon und der Universität Lille

Finanzierung: DFG / ANR (Fördersumme: 750.000 Euro)

Zeitraum: Seit 2015


Historisch syntaktisches Verbwörterbuch des Deutschen

Kooperationspartner: Prof. Dr. Albrecht Greule, PD Dr. Sandra Reimann (Germanistische Sprachwissenschaft, Universität Regensburg), Prof. Dr. Jarmo Korhonen (Germanistische Sprachwissenschaft, Universität Helsinki), et al.

Finanzierung: Haushaltsmittel, Antragstellung in Vorbereitung

Zeitraum: Seit 2015


Digitale Methoden zur Analyse intertextueller Bezüge auf Shakespeares Werk

Kooperationspartner: Johannes Molz, M.A. (Brit. Literaturwissenschaft, LMU München)

Finanzierung: Haushaltsmittel

Zeitraum: Seit 2015


Digitale und interaktive Ausstellungskonzepte für das gerade in der der Entstehung befindliche Museum für Bayerische Landesgeschichte (Regensburg)

Kooperationspartner: Haus der Bayerischen Geschichte, Prof. Dr. Dieter Meiller (Medieninformatik, OTH Amberg-Weiden)

Zeitraum: Seit 2014

Digitalisierung und computergestützte Analyse der Liedblattsammlung des Regensburger Volksmusikportals

Kooperationspartner: Prof. Dr. Daniel Drascek (Kulturwissenschaft, Universität Regensburg), Prof. Dr. Wolfgang Horn (Musikwissenschaft, Universität Regensburg), Dr. Albert Schröder, Dr. Angelika Steinmaus-Pollock (Universitätsbibliothek Regensburg), et al.

Finanzierung: mittlerweile beendetes DFG-Projekt, jetzt Haushaltsmittel

Zeitraum: Seit 2014


„Drametrics“ – Quantitative Analyse deutschsprachiger Dramen

Kooperationspartner: Dr. Katrin Dennerlein (Germanistische Literaturwissenschaft, Universität Würzburg)

Finanzierung: aktuell Haushaltsmittel; offene Antragsstellung bei der VW-Förderinitiative zu „Mixed Methods in den Geisteswissenschaften"

Zeitraum: Seit 2014


Women in Botany

Kooperationspartner: Prof. Dr. Christoph Meinel (Wissenschaftsgeschichte, Universität Regensburg), Dr. Albert Schröder (Universitätsbibliothek Regensburg)

Finanzierung: Haushaltsmittel

Zeitraum: Seit 201


Publikationen

Schmidt, T., Burghardt, M., Dennerlein, K. (2018). "Kann man denn auch nicht lachend sehr ernsthaft sein?" – Zum Einsatz von Sentiment Analyse-Verfahren für die quantitative Untersuchung von Lessings Dramen. In Book of Abstracts, DHd 2018.

Sippl, C., Fuchs, F., Burghardt, M. (2018). Digital Dylan – Computergestützte Analyse der Liedtexte von Bob Dylan (1962 – 2016). In Book of Abstracts, DHd 2018.

Burghardt, M., Spanner, S., Schmidt, T., Fuchs, F., Buchhop, K., Nickl, M., & Wolff, C. (2017). Digitale Erschließung einer Sammlung von Volksliedern aus dem deutschsprachigen Raum. In Book of Abstracts, DHd 2017.

Burghardt, M., Dennerlein, K., Schmidt, T., Mühlenfeld, J. & Wolff, C. (2016). Katharsis – Ein Werkzeug für die quantitative Dramenanalyse. In CLARIN-D Forum CA3. Verfügbar unter www.clarin-d.de/de/konferenz-abstracts/369-katharsis-ein-werkzeug-fuer-die-quantitative-dramenanalyse

Burghardt, M., Kao, M., & Wolff, C. (erscheint 2016). Beyond Shot Lengths – Using Language Data and Color Information as Additional Parameters for Quantitative Movie Analysis. In Book of Abstracts of the International Digital Humanities Conference (DH).

Burghardt, M., Lamm, L., Lechler, D., Schneider, M., & Semmelmann, T. (erscheint 2016). Tool‑based Identification of Melodic Patterns in MusicXML Documents. In Book of Abstracts of the International Digital Humanities Conference (DH).

Burghardt, M., & Reimann, S. (erscheint 2016). Möglichkeiten der elektronischen Aufbereitung und Nutzung eines historisch syntaktischen Verbwörterbuchs des Deutschen. In A. Greule & J. Korhonen (Eds.), Historisches syntaktisches Verbwörterbuch. Valenz- und konstruktionsgrammatische Beiträge. Peter Lang Verlag.

Burghardt, M., Granvogl, D., & Wolff, C. (2016). Creating a Lexicon of Bavarian Dialect by Means of Facebook Language Data and Crowdsourcing. In Proceedings of the 10th edition of the Language Resources and Evaluation Conference (LREC).

Burghardt, M., & Wolff, C. (2016). Digital Humanities in Bewegung: Ansätze für die computergestützte Filmanalyse. In Book of Abstracts der 3. DHd-Konferenz.

Sippl, C., Burghardt, M., Wolff, C., & Mielke, B. (2016). Korpusbasierte Analyse österreichischer Parlamentsreden. In Proceedings of the 19th International Legal Informatics Symposium (pp. 139–148).

Burghardt, M., & Wolff, C. (2015). Zentren für Digital Humanities in Deutschland. Information – Wissenschaft & Praxis, 66(5-6), 313–326.

Burghardt, M., Wolff, C., & Womser-Hacker, C. (2015). Informationswissenschaft und Digital Humanities. Information – Wissenschaft & Praxis, 66(5-6), 287–294.

Burghardt, M., Lamm, L., Lechler, D., Schneider, M., & Semmelmann, T. (2015). MusicXML Analyzer. Ein Analysewerkzeug für die computergestützte Identifikation von Melodie-Patterns. In Proceedings des 9. Hildesheimer Evaluierungs- und Retrievalworkshops (HiER) (pp. 29–42).

Burghardt, M., Schneider, P., Bogatzki, C., & Wolff, C. (2015). StreetartFinder – Eine Datenbank zur Dokumentation von Kunst im urbanen Raum. In Book of Abstracts, DHd 2015.

Burghardt, M., & Wolff, C. (2015). Humanist-Computer Interaction: Herausforderungen für die Digital Humanities aus Perspektive der Medieninformatik. In Book of Abstracts des Workshops “Informatik und die Digital Humanities”, Leipzig.

Dechant, M., & Burghardt, M. (2015). Virtuelle Rekonstruktion des Regensburger Ballhauses. In Book of Abstracts, DHd 2015.
Burghardt, M., & Wolff, C. (2014). Digital Humanities: Buzzword oder Strukturwandel in den Geisteswissenschaften? Blick in Die Wissenschaft, 23(29), 39–47.

Burghardt, M., Schubert, A., Traber, M., & Wolff, C. (2014). Empirische Untersuchung zu digitalen, geisteswissenschaftlichen Arbeitspraktiken an der Universität Regensburg. In Online-Proceedings der 1. Jahrestagung der “Digital Humanities im deutschsprachigen Raum”.

Burghardt, M., Pörsch, J., Tirlea, B., & Wolff, C. (2014). WebNLP: An Integrated Web-Interface for Python NLTK and Voyant. In J. Ruppenhofer & F. G. (Eds.), Proceedings of the 12th edition of the KONVENS conference (pp. 235–240). Hildesheim.



  1. Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften
  2. Institut für Information und Medien, Sprache und Kultur (I:IMSK)

Medieninformatik

Forschung
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