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Mitteilungen der Universität Regensburg

Das lange Leben der römischen Villa in Bibione

Archäologen der Universität Regensburg setzen ihre Ausgrabungen fort


4. Juni 2025 

Im März und April diesen Jahres fand die vierte Grabungskampagne im Bereich der römischen maritimen Villa in Bibione statt, die nach einer Phase vorbereitender Untersuchungen seit 2022 systematisch vom Institut für Klassische Archäologie der Universität Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Steruernagel in Kooperation mit der Universität in Padua (Dipartimento dei Beni Culturali) archäologisch erforscht wird. Die Grabungen, für die das italienische Kulturministerium der Universität Regensburg eine Konzession gewährt hat und die unter der Aufsicht der zuständigen Behörde (Soprintendenza Archeologia, Belle Arti e Paesaggio per l'Area Metropolitana di Venezia e le Province di Belluno, Padova e Treviso) durchgeführt werden, hat das zuvor gewonnene Bild der römischen Villa an mehreren Schlüsselstellen vervollständigen können.

Nun, da sich eine erste Förderphase der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) dem Ende zuneigt, ist insgesamt ein Zwischenergebnis erzielt worden, das die Relevanz des Standortes und zugleich das noch unausgeschöpfte Potenzial unterstreicht und eine weitere Forschungsphase wünschenswert macht. Daraus leitet sich die Hoffnung ab, dass der bereits bei der DFG eingereichte Antrag auf Weiterfinanzierung bewilligt wird.

Plan der Ausgrabungsstelle in Bibione (Italien). © Alice Vacilotto/UR


Wie schon seit den Arbeiten des Jahres 2024 klar war, umfasste der architektonische Komplex der küstennahen römischen Villa mindestens zwei durch ihre Ausstattung als Wohnbauten erkennbare Gebäude. Das eine von ihnen – im Westen – ist bisher nur in einem kleinen Ausschnitt ausgegraben worden, war aber offenbar das frühere der beiden, das auf die Zeit des Kaisers Augustus, wohl das ausgehende 1. Jahrhundert v. Chr., zurückgeht. Das andere Gebäude, weiter östlich gelegen, wurde wahrscheinlich einige Jahrzehnte später, möglicherweise an der Stelle eines älteren Baus an gleicher Stelle errichtet. Dieses östliche Gebäude, das unmittelbar am Fuße einer noch heute 12 m hoch aufragenden, auf vorrömische Zeiten zurückgehenden Düne stand, illustriert mit seinen wegen hoher Verschüttung durch abrutschenden Sand vergleichsweise gut erhaltenen Strukturen den hohen Lebensstandard der einstigen Villenbesitzer. Vor allem die Mosaikböden und die bemalten Wandverputze zeugen vom wirtschaftlichen Wohlstand der Bewohner. Dieser beruhte höchstwahrscheinlich auf der Nutzung der Ressourcen einer extrem wasserreichen Umgebung, die von Flüssen, Lagunen und dem Meer geprägt war. Neben Fischfang und Fischzucht ist hierbei auch an eine Funktion als Umschlagplatz für Waren- und Personenverkehr zu denken.

Studierende der Unversitäten Regensburg und Padua bei der Arbeit an der Ausgrabungsstätte. © Dirk Steuernagel/UR


Untersuchungen zur Landschaftsgestalt in der römischen Antike, die im Rahmen des Projekts vom geowissenschaftlichen Department der Universität Padua angestellt werden, helfen, dieses Bild zu konkretisieren. Sie haben u. a. Anhaltspunkte für die mögliche Existenz eines Schiffsanlegers in kurzer Entfernung zur Villa – nördlich, am Rande einer antiken Lagune – geliefert.
Die diesjährigen Ausgrabungen haben vor allem das Verständnis einer späten, im 4. und frühen 5. Jahrhundert n. Chr. anzusetzenden Ausbau- und Nutzungsphase der Villa befördert und vertieft. Wie schon seit längerem bekannt, wurden die Villengebäude in dieser Zeit noch einmal erweitert. Die neue Erkenntnis ist, dass diese Erweiterung in erster Linie zu dem Zweck erfolgte, die beiden bekannten und noch andere, bisher nicht durch Grabungen entdeckte Gebäude, mit einem verzweigten Gangsystem zu verbinden. Diese Gänge (G, H, K, M im Plan), zumal die zum Meer (im Süden) bzw. zur Lagune (im Norden) hin ausgerichteten, könnten vielleicht auch die Form von Arkaden- oder Säulengängen gehabt haben. Der Erweiterungsphase könnte eine längere Phase der wirtschaftlichen Stagnation und nur teilweisen Nutzung der Villa vorausgegangen sein.

Rund dreißig Münzen wurden rund um die Villa gefunden. © Dirk Steuernagel/UR


Sicher ist, dass insbesondere die Wände und Böden des westlichen Wohngebäudes umfassend restauriert wurden. Etwa dreißig gut erhaltene spätantike Münzen, die verstreut in den Sandschichten des nordwestlichen Teils der Villa gefunden wurden, zeugen von dem relativen Wohlstand der letzten Nutzungsphase. Die Funde von feinem, zum Teil sehr gut erhaltenem Tafelgeschirr, das z. T. aus weit entfernten Regionen wie Afrika oder dem östlichen Mittelmeerraum importiert wurde, bestätigen den Eindruck einer vor allem im 4. Jahrhundert n. Chr. lebhaften Betriebsamkeit. Die Auswertung der bei der Ausgrabung gesammelten Daten und archäologischen Funde wird diesen Aspekt weiter vertiefen.

© Dirk Steuernagel/UR


Informationen/Kontakt

Prof. Dr. Dirk Steuernagel
Universität Regensburg
Institut für Klassische Archäologie
Tel.: +49-(0)941-943 3155
Sek.: +49-(0)941-943 3756
E-Mail: Dirk.Steuernagel@psk.uni-regensburg.de
 

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