Applaus ist kein Gehalt!
Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Helena Fornwagner wirkt als Game Changer 2021
5. März 2021 | Interview von Tanja Wagensohn, Foto von Helena Fornwagner
Dr. Helena Fornwagner, Experimentalökonomin am Lehrstuhl für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Regensburg, wirkt beim Regensburger Netzwerk BPW (Business and Professional Women) bei der Kampagne zum diesjährigen Equal Pay Day,- als Game Changer: Mit anderen Frauen und Männern tritt sie dabei in einer groß angelegten bundesweiten Kampagne dafür ein, dass gleiche Leistung auch gleich entlohnt wird. Wirtschaftswissenschaftlerin Fornwagner erforscht individuelles Verhalten, das ökonomische Entscheidungen lenkt, unter anderem, welche Verhaltensmuster von Frauen und Männern eine Ungleichheit am Arbeitsmarkt begünstigen, obwohl sie gleich qualifiziert sind. Die Verhaltensökonomin analysiert dabei auch Interventionen, um zu einer Gleichstellung von Frauen und Männern beizutragen. Denn: Noch immer verdienen Frauen in Deutschland im Schnitt 19 Prozent weniger als Männer. Umgerechnet ergeben sich daraus 69 Tage, die Frauen vom Jahresanfang bis zum Equal Pay Day – im Jahr 2021 am 10. März – unentgeltlich arbeiten.
Frau Dr. Fornwagner, Sie forschen unter anderem daran, wie Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen entstehen. Diese gibt es nach neuesten Hinweisen des Deutschen Hochschulverbandes nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch an bundesdeutschen Universitäten. Professorinnen verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen. Was hat diesen Gender-Pay-Gap verursacht?
Dr. Helena Fornwagner: Es gibt viele Faktoren, die zum Gender-Pay-Gap beitragen. Diese können historischer, kultureller oder struktureller Natur sein. Ich möchte aus meiner Perspektive als Verhaltensökonomin einen weiteren Grund nennen, der vielleicht nicht so prominent ist wie zum Beispiel Diskriminierung. Dieser Grund hängt mit dem individuellen Verhalten zusammen und ist die geringere Bereitschaft von Frauen, sich Wettbewerben zu stellen, auch bei gleicher Qualifikation. Wenn also Frauen beispielsweise nicht bereit sind, kompetitive Studiengänge zu absolvieren oder sich dem Wettbewerb für eine besser bezahlte Stelle auszusetzen, dann führt das eben mit dazu, dass wir weiterhin ein Gender-Pay-Gap haben.
In einem Beitrag in der international renommierten Fachzeitschrift Nature Communications schlagen Sie einen verhaltensökonomischen Ansatz vor, um die Benachteiligung von Frauen in der Wirtschaft zu reduzieren. Wie sieht ein solcher Ansatz aus?
Hier haben wir im Rahmen einer experimentalökonomischen Studie eine einfache Priming-Intervention getestet. Priming heißt, wir haben unbewusst bei den Teilnehmer:innen ein bestimmtes Mindset „aktiviert“ und konnten zeigen, dass zum Beispiel das Priming mit einem Machtgefühl dazu führt, dass Frauen und Männer die gleiche Bereitschaft hatten, sich Wettbewerben zu stellen. Eine solche Methode könnte ein Komplement zu institutionellen Interventionen - wie beispielsweise Quoten für Frauen – sein und hat den Vorteil, dass sie leicht zu implementieren und kostengünstig ist.
Was raten Sie Frauen, die im beruflichen Umfeld an männerdominierten Netzwerken scheitern oder zu scheitern drohen?
Glauben Sie an sich und Ihre Fähigkeiten, lassen Sie sich nicht unterkriegen! Haben Sie eine eigene Meinung und vertreten Sie diese auch konsequent. Bauen Sie sich ein starkes Netzwerk auf, bestehend aus weiblichen und männlichen Freunden und Arbeitskollegen, die nicht nur aus dem nahen Umfeld oder dem gleichen Arbeitsbereich kommen. Dieses Netzwerk kann Sie, gerade wenn es hart kommt, auffangen und unterstützen, damit Sie dann wieder durchstarten können. Außerdem: Tauschen Sie sich aus, holen Sie sich Tipps von erfahrenen Frauen und Männern, um aus deren Fehlern zu lernen und versuchen Sie es besser zu machen. Und vergessen Sie nicht auch einmal die Perspektive der anderen einzunehmen, um besser zu verstehen, warum was nicht klappen könnte. Nicht zu vergessen: Scheitern ist generell nichts Schlechtes. Man lernt oft fast mehr, wenn einmal etwas schief geht. Reflektieren Sie objektiv, warum das so war, auch mithilfe von Mentor:innen. Dann Kopf hoch und weiter geht’s!
Am 17. März 2021 von 19 bis 21 Uhr gibt es die Gelegenheit zum Live-Chat und zum Netzwerken mit Game Changer Dr. Helena Fornwagner aus dem Regensburger „Degginger“: https://youtu.be/HYTUN2m3UKY
Die Online-Veranstaltung mit Musik und Performances steht unter dem Motto „Applaus ist kein Gehalt! Der Gender Pay Gap kreativ angerichtet – über die Einkommens- und Sichtbarkeitslücke von Frauen in der Kultur- und Kreativwirtschaft“.
Weitere Informationen
- https://www.equalpayday.de/game changer/
- https://www.regensburg.de/equal-pay-day/
- https://www.nature.com/articles/s41467-018-06896-6/
- https://www.uni-regensburg.de/chancengleichheit/startseite/index.html
- https://www.forschung-und-lehre.de/karriere/professur/differenz-bei-realer-w-besoldung-steigt-3338/
Ansprechpartnerin für die Medien
Dr. Helena Fornwagner
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Lehrstuhl für Empirische Wirtschaftsforschung (Prof. Dr. Lea Cassar)
Telefon 49 941 943-2741
E-Mail helena.fornwagner@ur.de
https://www.uni-regensburg.de/wirtschaftswissenschaften/vwl-cassar/lehrstuhl-team/dr-helena-fornwagner/index.html
www.helenafornwagner.com