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Über DIMAS

DIMAS – das Department für Interdisziplinäre und Multiskalare Area Studies an der Universität Regensburg bezweckt die Stärkung und den Ausbau Area Studies bezogener Forschung und Lehre. Es besteht sowohl aus sechs dauerhaften Professuren, als auch aus weiteren Mitgliedern der beteiligten Fakultäten, Forschern und unterstützendem Personal.

Hier können Sie im Konzeptpapier nachlesen, welche Fragen uns am DIMAS beschäftigen und welche Professuren beteiligt sind. Weitere Informationen zum DIMAS finden Sie weiter unten.


ordnung des dimas

Die Ordnung des Departments wurde im April 2021 vom Senat der UR beschlossen und im Juli 2021 vom Präsidenten der UR genehmigt. Die Ordnung finden Sie hier.


Das Konzept des DIMAS


Area Studies in Regensburg

Die Universität Regensburg (UR) hat in den letzten Jahren durch vielfältige Initiativen einen Schwerpunkt im Bereich der Area Studies aufgebaut. Die Fakultäten SLK und PKGG wollen in Kooperation mit den Fakultäten für Rechtswissenschaft und Katholische Theologie durch die Weiterentwicklung dieses mit sehr guten Evaluationen und Profilierungsprognosen versehenen Forschungsfelds an der UR beitragen, nicht zuletzt auch um die Antragsfähigkeit der Universität Regensburg im Wettbewerb der
nächsten Runde der Exzellenzstrategie (voraussichtlich 2025) zu stärken. Um dieses Ziel zu erreichen, haben die Fakultäten eine forschungsorientierte kooperative Departmentstruktur entworfen: das Department für Interdisziplinäre und Multiskalare Area Studies (DIMAS). 

Das besondere Erkenntnispotenzial der Area Studies realisiert sich, wenn die Expertisen über unterschiedliche Regionen in einer gemeinsamen Forschungsagenda zusammengeführt werden. Auf dieser Idee beruhen in Regensburg bereits das CITAS (Center for International and Transnational Area Studies) sowie der Leibniz-WissenschaftsCampus „Europe and America in the Modern World: Frictions and Transformations of Globality“. Hier werden große Fragen unserer Zeit, wie jene nach den Spannungen, die Globalität produziert, aus der Perspektive jener Regionen untersucht, für die Regensburg über eine besonders ausgeprägte Expertise verfügt: das (süd-)östliche und westliche Europa sowie Nord- und Lateinamerika.


DIMAS – Department für Interdisziplinäre und Multiskalare Area Studies

Mit dem Department für Interdisziplinäre und Multiskalare Area Studies  (DIMAS), in dessen Kern sechs neue Professuren zur Stärkung der Forschung stehen sollen, wird eine dynamische sowie flexible Struktur geschaffen, welche bestehende Expertisen in Regensburg (an den beteiligten Fakultäten der UR in enger Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung) zusammenführt und diese systematisch weiterentwickelt. Das DIMAS kann sich dabei u.a. auf die konzeptionellen Überlegungen eines aktuellen Antrags stützen, den CITAS und IOS beim BMBF im Rahmen dessen Programms zur Stärkung der Area Studies eingereicht haben. Dieser Antrag verdeutlicht einen Kern der Mission des zukünftigen Departments: kollaborative Projekte im Rahmen der koordinierten Forschungsförderung einzuwerben.

Im Unterschied zu Fakultäten, die nach jeweiligen Disziplinen aufgebaut werden, wird das Department primär daher gegenstands- und zielbezogen zusammengesetzt. Disziplinäre Verortungen werden damit nicht obsolet, sondern in einem regionalwissenschaftlichen Rahmen projektbezogen fokussiert. Damit kann auch schneller auf neue Entwicklungen und Forschungsbedarfe reagiert werden. Gleichzeitig werden dadurch neue Schnittstellen zu den bestehenden Fächern geschaffen, da die im Department zusammengefassten Expertisen multivariant sind.


Sechs integrierte Professuren zur Stärkung der Forschung

Die sechs im DIMAS integrierten Professuren haben nach den Vorstellungen der beteiligten Fakultäten jeweils sowohl eine theoretisch-konzeptionelle Ausrichtung als auch einen methodischen Schwerpunkt, der konkrete empirische Untersuchungen und themenbezogene Zusammenarbeit ermöglicht. Damit werden sie zu einer theoretischen und empirischen Weiterentwicklung der Regionalwissenschaften in Regensburg beitragen – in Kooperationen mit den bestehenden Einrichtungen. Dies bedeutet, dass diese Professuren auch dazu dienen, neue Schnittmengen zu den bisher räumlich denominierten Professuren/Instituten der Area Studies an der UR (sowie dem IOS) zu schaffen. Zusätzlich können sie bei entsprechendem methodisch-thematischen Interesse als projektbezogende Anlaufstelle auch für Professuren dienen, die nicht spezifisch räumlich denominiert sind. Leitend für die Ausrichtung der Professuren ist die Fähigkeit, zu gemeinsamen Themen/Fragestellungen einen Forschungsbeitrag zu leisten. Die sechs im DIMAS integierten Professuren, die im weiteren detailliert vorgestellt werden, sind die Professuren für:

  • Räumliche Dimensionen kultureller Prozesse
  • Soziologische Dimensionen des Raumes
  • Dynamiken virtueller Kommunikationsräume
  • Transregionale Wissenskulturen
  • Transregionale Normentwicklung
  • Transregionale Religionsgeschichte

Räumliche Dimensionen kultureller Prozesse

Die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber (m/w/d) vertritt den Themenbereich Räumliche Dimensionen kultureller Prozesse in Forschung und Lehre. Die Professur untersucht die Wechselwirkung zwischen den Repräsentationsformen und der Gestaltung des geografischen Raumes. Die Professur fokussiert dabei kulturelle Prozesse und Phänomene in räumlichen Dimensionen, die sich aus den Transformationsimpulsen einer vernetzten, globalen und mobilen Welt ergeben. Dadurch ist die Professur an der Schnittstelle zwischen den kulturwissenschaftlich orientierten Area Studies, den historisch fundierten Regionalwissenschaften und den Digital Humanities verortet. Die Ausrichtung auf den Raum als eine zentrale Dimension kultureller Prozesse und deren Ausdrucksformen entwickelt die kulturwissenschaftlichen Ansätze in den Area Studies innovativ weiter. Erwartet wird Erfahrung mit Forschungsprojekten und der Einwerbung von Drittmitteln.


Soziologische Dimensionen des Raumes

Die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber (m/w/d) vertritt den Themenbereich soziologische Dimensionen des Raumes in Forschung und Lehre. Dies beinhaltet zum einen die konzeptionelle Reflexion über Fragen der Räumlichkeit sozialer und kultureller Phänomene und zum anderen die Entwicklung und Anwendung eines entsprechenden methodischen Instrumentariums zu deren empirisch-sozialwissenschaftlichen Erforschung. Mögliche Themenfelder sind im Einzelnen: die Konstitution von Sozialräumen und Interaktionsfelder sowie der räumlichen Dimension gesellschaftlicher Strukturen im Hinblick auf Gleichheit, aber auch auf Differenzen und Asymmetrien, die Zusammenhänge von unterschiedlichen Ebenen der Verräumlichung, von den Mikroräumen des Alltags bis zu jenen der Globalisierung. Damit leistet diese raumsoziologisch ausgerichtete Professur einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung eines innovativen Area Studies-Ansatzes, bei dem nicht nur horizontale, sondern auch vertikale Raumverflechtungen untersucht werden.


Dynamiken virtueller Kommunikationsräume

Die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber (m/w/d) vertritt den Themenbereich Dynamiken virtueller Kommunikationsräume in Forschung und Lehre. Die Professur untersucht das Wechselspiel zwischen medientechnischen Entwicklungen und virtuellen Kommunikationsräumen. Sie befasst sich mit den entsprechenden Kommunikationsformen und ihren Inhalten, Technologien und Nutzungsweisen, die auf ihre konkrete gesellschaftliche Einbettung, ihre politischen Folgen und ihre ortsspezifischen Bezüge kulturwissenschaftlich untersucht werden. Dabei spielen nicht nur die neuen virtuellen Kommunikationsräume, sondern auch die Wahrnehmung und Gestaltung dieser Räume durch Individuum und Gesellschaft eine Rolle. Erwartet wird Erfahrung mit Forschungsprojekten und der Einwerbung von Drittmitteln.


Transregionale Wissenskulturen

Die Stelleninhaberin/der Stelleninhaber (m/w/d) vertritt den Themenbereich Transregionale Wissenskulturen in Forschung und Lehre. Gegenstand der Professur sind kulturelle und soziale Voraussetzungen und Funktionsmechanismen von Ideentransfers und der Verflechtung von epistemischen Systemen der Moderne, die sich im Spannungsfeld zwischen unterschiedlichen räumlichen Ordnungen des Wissens konstituieren. Zu diesen sind Weltanschauungen, Normen, religionsähnliche Phänomene und Religionen zu zählen, aber auch Expert*innenkulturen sowie Produktion, Speicherung und Zirkulation von Wissen. Die Professur adressiert zum einen die theoretisch-konzeptionellen Grundlagen zur Erforschung der Themenfelder und zum anderen die Entwicklung und Anwendung eines entsprechenden methodischen Instrumentariums zur empirisch-sozialwissenschaftlichen Erforschung der Phänomene. Erfolgreiche Bewerber*innen haben einen Hintergrund in Fächern, die sich mit Fragen der Wissenszirkulation beschäftigen, wie beispielsweise Religionswissenschaft, Religionspsychologie, Wissensgeschichte, Wissenschaftsphilosophie, Wissenssoziologie, Ethnologie oder Anthropologie.


Transregionale Normentwicklung

Der Stelleninhaber/die Stelleninhaberin (m/w/d) vertritt den Themenbereich „Transregionale Normentwicklung“. Gegenstand der Professur sind die transregionalen Dynamiken von Normen und deren Wechselbezüglichkeit mit Konzeptionen von Raum, Kultur und politischer Gemeinschaft. Der Stelleninhaber/die Stelleninhaberin (m/w/d) verfügt über eine Lehrbefähigung im Bereich der Rechtswissenschaft. Die Bereitschaft zur interdisziplinären Forschung und Kooperation wird vorausgesetzt. Erfahrungen mit interdisziplinärer und empirischer Arbeit sind von Vorteil.



Transregionale Religionsgeschichte

Der/die Stelleninhaber/in wirkt am Aufbau des Departments aktiv mit. Der Professur für transregionale Religionsgeschichte kommt dabei inhaltlich und strukturell eine Brückenfunktion zu. Sie dient zugleich auch der Stärkung der Forschung in den interdisziplinären Verbünden der Fakultät für Katholische Theologie, insbesondere des Centre for Advanced Studies „Beyond Canon_ – Jenseits des Kanons: Heterotopien religiöser Autorität im spätantiken Christentum“, das sich mit der Bedeutung apokrypher Traditionen in Literatur, Ritual und materialer Kultur befasst. Die ausgeschriebene Professur vertritt das Fach Religionsgeschichte unter transregionaler Perspektive und im Blick auf die Prozesse der Formation und Interaktion religiöser Strömungen seit der Spätantike in Forschung und Lehre. Die „Achsenzeit der Religionsgeschichte“ (Guy Stroumsa) ist von entscheidender Bedeutung für die longue durée der Religionsgeschichte. Geistige und kulturelle Vielfalt ist nicht ohne den bestimmenden Einfluss religiöser Strömungen zu verstehen. Historisch geprägte Mentalitäten, multiple und fluide Identitäten, interne und externe Bruchlinien und Konflikte sind auch das Ergebnis jahrhundertealter Interaktionsprozesse zwischen verschiedenen religiösen Strömungen, Konfessionen und Religionen. Diese erscheinen aber nicht als geographisch einheitliche oder historisch statische Größen, sondern zeigen sich in komplexen regionalen Differenzierungen und formieren sich in vielfältigem Austausch, Konflikt und Hybridisierung. „Shared Space“ und, damit verbunden, „Shared“ bzw. „Entangled History“ sind dabei entscheidende Kategorien.


Warum Area Studies?

Warum braucht es in einer zunehmend globalisierten Welt noch areales Wissen, das auf einer tiefen Kenntnis regionaler Wissensbestände und Sinnzusammenhänge beruht? Eben weil – nicht erst seit heute – die Welt eine globalisierte ist. Denn die Intensivierung und räumliche Erweiterung der globalen Zirkulation von Ideen, Narrativen, Ritualen, Gütern, Regeln und Menschen führt keinesfalls automatisch zu einer Angleichung von sozialen Strukturen und kulturellen Systemen über den Globus hinweg. Gesellschaften, Gruppen und Menschen reagieren auf globale Herausforderungen ganz unterschiedlich, wählen verschiedene Anpassungsformen oder leisten Widerstand – je nach den lokal spezifischen institutionellen Bedingungen und kulturellen Sinngebungen. Die über die Welt und teilweise auch innerhalb einzelner Länder zu beobachtenden unterschiedlichen Reaktionen auf die Herausforderungen des Coronavirus sind ein aktuelles Beispiel, das ein global analoges Phänomen je nach Ort bzw. Kultur unterschiedliche gesellschaftliche Reaktionen zeitigt.

Wir leben in einer Welt, die zwar immer mehr über den Globus hinweg miteinander verbunden, aber dennoch gleichzeitig unterschiedlich ist. Die in Institutionen, sozialen Strukturen, Wissensbeständen und kulturellen Deutungssystemen geronnene Geschichte, die Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte sind raum- und kulturspezifisch; sie bedingen nicht nur die Reaktions- und Anpassungsweisen von Individuen und Gesellschaften an globale Prozesse (wie technologische Innovationen, den Klimawandel oder die Herausforderungen globalisierter Märkte), sondern sie sind auch ursächlich für das Innovations- und Resilienzpotenzial von Gesellschaften. Area Studies (Regionalwissenschaften) mit ihrer Sensibilität für ortsspezifisches Wissen – manifest in Sprachkenntnissen und der Kenntnis der lokalen Wissensproduktion – sind essenziell, um diese Zusammenhänge zu verstehen. Area Studies beforschen und erklären diese Vielfalt im Kontext der globalisierten Welt und im Horizont weitreichender Globalisierungsprozesse. Sie sind daher so aktuell wie nie zuvor.

Das besondere Erkenntnispotenzial der Area Studies realisiert sich, wenn die Expertisen über unterschiedliche Regionen in einer gemeinsamen Forschungsagenda zusammengeführt werden. Auf dieser Idee beruhen in Regensburg bereits das CITAS sowie der Leibniz-WissenschaftsCampus „Europe and America in the Modern World: Frictions and Transformations of Globality“. Hier werden große Fragen unserer Zeit, wie jene nach den Spannungen, die Globalisierungsprozesse produzieren, aus der Perspektive jener Regionen untersucht, für die Regensburg besonders ausgeprägte Area Studies-Expertise hat: Mittel-, Ost- und Südosteuropa, Westeuropa und Nordamerika. Dabei geht es nicht um die Addition von lokal isolierten Befunden, sondern die Generierung von neuen Fragestellungen durch die Berücksichtigung von Zusammenhängen, Verflechtungen, Bezugnahmen, aber auch Abgrenzungen zwischen diesen Regionen, die Kern dessen sind, was während des Kalten Krieges „Erste“ und „Zweite Welt“ genannt wurde. Eine gemeinsame Area Studies-Perspektive fragt danach, welche Manifestationen ein bestimmter Prozess lokal annimmt, wie diese raumgebundenen Unterschiede aber auch durch Ähnlichkeiten erklärt werden können, und wie sich durch die ortsspezifischen Aneignungen das Phänomen selbst verändert. Eine bestimmte Idee, eine Technologie, selbst ein natürliches Phänomen bedeuten an unterschiedlichen Orten etwas ganz anderes, je nach den Bedeutungszuschreibungen und institutionellen Reaktionen, die beide in der Geschichte und Kultur des Ortes verankert sind.

Das geplante Department wird sich die unbescheidene Aufgabe stellen, zentrale Fragen in Bezug auf die gesellschaftlichen und kulturellen Dimensionen der Globalisierung zu erforschen – wie die Renaissance des Nationalismus oder Folgen von Migrationsbewegungen. Es versteht sich als Ermöglichungsstruktur für innovative sowie exzellente kollaborative Forschungsprojekte und für neuartige Transfermaßnahmen.


Warum interdisziplinär und multiskalar?

Den besonderen Regensburger Ansatz beschreiben wir als multiskalar. Dieser bringt zum Ausdruck, dass Phänomene auf unterschiedlichen räumlichen Ebenen untersucht werden müssen; und dass die geografischen Relevanzstrukturen eines Phänomens empirisch herausgefunden werden müssen. Alles mag mit allem verbunden sein, aber eben weder in der gleichen Weise noch in jeweils umfassender Intensität. Da auch in einer Welt umfassender Vernetzung nicht alle Kommunikations- und Handlungsräume global sind, muss die Skala des jeweiligen Ansatzes und seiner Methoden in Bezug auf die konkrete Fragestellung der Untersuchung bestimmt werden. Es geht um die jeweilige räumliche Ausdehnung der Interaktion und des Vergleichs. Wie sich eine globale Herausforderung, eine globale Entwicklung in bestimmten Räumen auswirkt, und umgekehrt wie und warum Räume in unterschiedlicher Art und Weise Prozesse generieren, die überräumlich relevant werden, hat mit den spezifischen Konfigurationen des jeweiligen Raumes zu tun. Unser Zugang unterscheidet sich somit von den „Global Studies“, indem wir Divergenz betonen sowie Perspektiven „von oben“ mit solchen „von unten“ kombinieren. Unser Verständnis von Vergleich geht wiederum über eine Addition von Befunden über bestimmte Regionen, die jeweils als separate Raumkategorie verstanden werden, hinaus, da wir uns für die Manifestationen von Verflechtungen im Vergleich interessieren.

Die Multiskalarität der Regensburger Area Studies drückt unser Interesse für das Zusammenwirken von unterschiedlichen Ebenen – von global bis lokal, von großräumig bis kleinräumig, vom Gegenwartsbezug bis zu dessen historischer Vertiefung – aus, ohne diese zu hierarchisieren. Die Departmentstruktur erlaubt dabei, methodische Expertisen zusammenzuführen, die typischerweise bestimmte Raumgrößen fokussieren, um die Verflochtenheit und gegenseitige Bedingtheit dieser räumlichen Relevanzstrukturen zu analysieren. Damit stellt sich eine gegenstandbezogene Interdisziplinarität bzw. Multidisziplinarität ein. Nehmen etwa Methoden der Internationalen Beziehungen, des Völker- und des transnationalen Rechts vor allem die Ebene der zwischenstaatlichen Interaktionen in den Blick, jene der Politikwissenschaft, Rechtswissenschaft, Soziologie und Sozialgeografie jene größerer gesellschaftlicher Aggregate (wie dem Nationalstaat, der Gesellschaft oder sozialer Gruppen), haben Sprach-, Geistes- und Kulturwissenschaften durch Kommunikation und kulturelle Repertoires konstituierte Räume im Erkenntnisinteresse, so spezialisieren sich Sozialanthropologie, Ethnologie und empirische Sozialwissenschaft auf die Räume alltäglicher Interaktionen und Sinngebungen.

Heuristisch und forschungspragmatisch können einzelne Forscher*innen üblicherweise nur Räume einer bestimmten Ausdehnung in den Blick nehmen, je nach ihren themenbezogenen und methodischen Expertisen. Das neue Department wird diese Kenntnisse zusammenführen und damit interdisziplinär systematische Erkenntnisse über verschiedene Räume – vertikal sowie horizontal – hinweg hervorbringen. Die für ein Phänomen relevanten räumlichen Skalen müssen jeweils in Abhängigkeit vom konkreten Gegenstand bestimmt werden – was nur in einem solchen Forschungszusammenhang möglich ist. Das Department wird erlauben, gesellschaftliche und kulturelle Phänomene unterschiedlich zu skalieren, sowohl auf der Achse des Raumes als auch der der Zeit. Damit wollen wir ein besseres Verständnis von der realen Verflochtenheit der Welt und der Komplexität dieser Verflechtungen erreichen. Für die Strukturierung des Departments impliziert dies, dass die neuen Professuren zur Stärkung der Forschung von Anbeginn an jenseits klassischer Fächergrenzen ausgerichtet sein müssen. Der multiskalare Ansatz bringt zum Ausdruck, dass Area Studies sich nicht ex ante auf eine bestimmte Größenskala der zu analysierenden Phänomene festlegen, sondern Ereignisse, Strukturen und Sachverhalte im mikro-, meso- und makroregionalen Bereich wahrnehmen, ohne diese zu hierarchisieren. Erkenntnisse ergeben sich gerade aus der Gleichzeitigkeit der Betrachtungsweisen. Interdisziplinär ist das Department, weil der Blick auf die Phänomene im Zusammenspiel verschiedener theoretischer und methodische Zugänge (s.u.) erfolgt, die ihre Spezifika einbringen und den anderen zur Verfügung stellen.


Theoretische und methodische Grundlagen

Neben der Multiskalarität als für die Area Studies in Regensburg charakteristischem Merkmal basiert das Department auf den für moderne Area Studies konstitutiven epistemologischen Prämissen, die durch die Professuren zur Stärkung der Forschung sowie die weitere Personalstruktur des Departments gestärkt werden. Diese können mit den Stichworten Interdisziplinarität, komparative Transnationalität und Reflexivität charakterisiert werden.


Interdisziplinarität

Interdisziplinäre Kooperation gehört zu den Möglichkeitsbedingungen der Area Studies. Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen arbeiten zur Erforschung bestimmter kultureller und sozialer Phänomene zusammen, um eine Region in ihrer inneren Differenz, aber auch Kommunikation mit anderen Regionen besser zu verstehen. Das neu einzurichtende Department wird durch die Integration unterschiedlicher Disziplinen und Methoden - und damit der Aktivierung und Nutzung verschiedener Wissensbestände - starke Synergieeffekte erzeugen. Mit dem Konzept der Multiskalarität drückt sich das Bestreben aus, unterschiedlich geartete analytische Linsen und Perspektiven auf gemeinsame Forschungsfragen zu richten und damit auch unterschiedliche Wissensquellen und Auswertungsmethoden zu erschließen und zu nutzen. Die traditionelle Stärke der Area Studies, Wissenschaftler*innen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen der Kultur-, Geistes- und Sozialwissenschaften wie auch der Theologie aufgrund ihres Interesses für einen gemeinsamen Gegenstand (eine bestimmte Region) zusammenzubringen, soll auch für das neue Department genutzt werden. Wie denn, wenn nicht durch inter- bzw. multidisziplinäre Zusammenarbeit, können Phänomene wie Migration umfassend analysiert werden, die in so viele unterschiedliche Seinsbereiche des Menschen hineinspielen?


Komparative Transnationalität

Die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften haben sich, wenigstens in der Theorie, in den letzten Jahrzehnten von einer auf nationale Bestimmungskontexte verengten Perspektive verabschiedet. Wesentliche gesellschaftliche Prozesse und kulturelle Phänomene machen nicht an nationalen oder anderen, vorab definierten Grenzen halt, sondern beruhen auf Beziehungen, die solche Grenzen überschreiten. Dabei geht es sowohl um ein theoretisches Prinzip als auch um ein empirisches Forschungsprogramm. Begriffe wie Transnationalität, Transregionalität und Translokalität drücken die Abkehr vom Denken in starren Raumcontainern und die Hinwendung zu Verflechtungs- und Transferprozessen aus.

Moderne Area Studies antworten darauf nicht, indem sie der Nation einen noch größeren Raumcontainer (Region) überstülpen, sondern sie interessieren sich für die Beziehungen und Verflechtungen über Grenzen hinweg auf unterschiedlichen Raumskalen und richten ihren Blick gleichzeitig tief in einzelne Gesellschaften und Kulturen hinein sowie breit über deren Grenzen hinweg.

Damit ist auch impliziert, dass der Vergleich als Methode – eine traditionelle Stärke der Area Studies – neu gefasst werden muss. Es werden nicht voneinander isoliert gedachte Untersuchungseinheiten verglichen, sondern es geht um die vergleichende Untersuchung der raumspezifischen Ermöglichungsbedingungen sowie Ausdrucksformen von transnationalen Phänomenen. Unser multiskalarer Ansatz bietet genau diese Möglichkeit, Prozesse auf unterschiedlichen Raumskalen – von sub- bis übernationalen – in komparatistischer Perspektive auf ihre je nach Ort unterschiedlichen Ausprägungen hin zu untersuchen. Die Logik der Globalisierung bringt es mit sich, dass globale Prozesse und Strukturen in verschiedenen Regionen jeweils unterschiedliche Anpassungen und auch Abstoßungen erfahren, die von den regionalen oder lokalen Gegebenheiten bestimmt werden. Das kann nur untersucht werden, wenn der Ansatz gleichzeitig transnational und vergleichend ist.


Reflexivität

Moderne Area Studies und ebenso das neu einzurichtende Department verstehen Räume nicht als gegeben und statisch, sondern als durch Praktiken, Diskursen und Institutionen produziert. Daher ist es eine Grundaufgabe der Area Studies, permanent über die Konstruktionsbedingungen von Räumen zu reflektieren und Raumkategorien in ihrem Wandel auf der Achse der Zeit zu re- und dekonstruieren. Bestimmte Raumbegriffe / Bezeichnungen von Regionen haben nicht nur eine Geschichte, sondern sind semantisch aufgeladen, ja regelrecht überdeterminiert. Es ist daher unerlässlich, die mögliche Beeinflussung von Forschungsperspektiven und Fragestellungen durch unhinterfragte Raumkategorien stets kritisch zu reflektieren. Dies gilt ebenso für die jeweils relevanten Raumskalen zur Untersuchung eines bestimmten Phänomens. Hinter Begriffen wie „Kulturraum“, „Region“, „Ost“, „West“ etc. verstecken sich oftmals außerwissenschaftliche, zumal ideologische, Grundannahmen, die offengelegt werden müssen.

Die Reflexion über die genutzten Raumkategorien generiert beträchtliches kritisches Potenzial für die Area Studies, denn nur zu oft spiegeln solche Begriffe auch Machtasymmetrien wider. Die Maxime der Reflexivität betrifft auch die Auseinandersetzung mit Hierarchien der Wissensproduktion, die ebenfalls auf die Relativität von Wissen hindeuten: Können aus einem spezifischen westlichen Kontext generierte Kategorien so ohne Weiteres zur Analyse nichtwestlicher Gesellschaften verwendet werden? Area Studies fördern mithin nicht nur marginalisiertes Wissen zu Tage, sondern helfen zu verstehen, warum Menschen in unterschiedlichen Regionen / an unterschiedlichen Orten Verschiedenes wissen bzw. zu wissen glauben.



DIMAS

Vorstand | Board: Prof. Dr. Anna Steigemann and Prof. Dr. Rike Krämer-Hoppe

Geschäftsführung | Manager: Dr. Paul Vickers

Sekretariat | Secretary dimas@ur.de
Tel. +49 941 943 5966