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WS 23/24

Antike Weltuntergänge - Zur Resilienz des Klassischen

Schon gestern ging die Welt unter, und wird sie auch morgen zuverlässig untergehen? Angesichts der Dringlichkeit existenzieller globaler Probleme scheint es zunächst zynisch, Katastrophen durch einen Blick in die Geschichte zu kontextualisieren oder gar zu relativieren. Gerade das klassische Altertum birgt jedoch eine Fülle an erlittenen und imaginierten, befürchteten und erinnerten Schicksalsschlägen, deren Bewältigung relevante Strategien und wertvolle Überlegungen zu erkennen gibt. Vordergründig ist dabei an die Dauerhaftigkeit von Elementen antiker Kultur zu denken, welche den fortlaufenden Wandel institutioneller und sozialer Strukturen bis heute in erstaunlicher Weise überdauert haben. Dadurch, dass sich das Altertum von einer vergänglichen historischen Epoche zu einem scheinbar überzeitlichen, 'klassischen' Ideal wandelte, das zumindest Europa von den Sprachen über die Selbstbezeichnung bis hin zu politischen Systemen und dem Fächerkanon der Hochschulen prägt, kann sich hier das Moment der sogenannten Resilienz idealtypisch manifestieren. Der seit den 1970er Jahren in der Psychologie etablierte Begriff ist längst zu einer wichtigen Kategorie in den Geisteswissenschaften geworden. Er hilft, nach Aspekten der Widerstandsfähigkeit auf sozialer, politischer und kultureller Ebene zu fragen, nach Konzepten der Dauerhaftigkeit, nach Praktiken, die lange Zeiträume überbrücken.

Vor allem aber bietet die Vielfalt von Krisenerfahrungen in der Antike ein unerschöpfliches Reservoir kritischer Themen für die Gegenwart: von philosophischen und literarischen Zerstörungsvisionen wie dem Untergang Atlantis‘ oder dem Brand Trojas über den Zerfall und die Eroberung mehrerer Weltreiche bis hin zu Naturkatastrophen und Epidemien. Durch historiographische Modelle und die Endzeiterwartungen des Christentums fanden derartige Ereignisse ihren Ort in wirkmächtigen Sinnkonstruktionen. Im Wintersemester 2023 soll dieses Themenfeld in zwölf Vorträgen einschlägiger Experten und Expertinnen erkundet werden. Neben Entwicklungen in Antike und Spätantike selbst steht dabei auch der Rückblick auf historische Zäsuren im Vordergrund, sei es in der Literatur oder den Bildkünsten. Der Auftakt erfolgt am Mittwoch, den 25. Oktober 2023 (18.15 Uhr, H6).



  1. Forschergruppen und Forschungszentren