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Im Gespräch mit Lehrenden aus dem KOLEG2-Projekt über ihre Erfahrungen aus zwei digitalen Semestern und neuen Ideen für die Präsenzlehre

Im Rahmen des KOLEG2-Projekts finden zahlreiche Seminare verschiedener Studienfächer für die angehenden Lehrkräfte an der Universität Regensburg statt. In den vergangenen zwei digitalen Semestern war dabei vieles anders: Zoom-Meeting statt Seminarraum, miro-board statt Flip Chart oder wonder.me statt Cafeteria.

Mitarbeiter:innen aus der Physikdidaktik, Grundschulpädagogik und evangelischen Religionspädagogik haben ihre Erfahrungen mit dem digitalen Lehren und Lernen geteilt und geben einen Einblick in ihre Ideen für das kommende Semester, dass durch einen großen Schritt „zurück in die Zukunft“ gekennzeichnet ist und überwiegend in Präsenz stattfinden wird.


Das Sommersemester 2020 und auch das anschließende Wintersemester war für alle überraschend anders. Wie hat sich die Pandemiesituation und die plötzliche Notwendigkeit digitaler Lehre auf eure Seminarkonzepte ausgewirkt?

Dr. Kathrin Boukrayâa Trabelsi: Da es mein erstes Seminar an der UR war, kannte ich bisher noch kein anderes Format als das digitale. Dennoch war es eine unerwartete Situation, so dass ich Seminarinhalte, die ich für die Präsenzveranstaltung geplant hatte, relativ kurzfristig ändern und mir Gedanken machen musste, wie insbesondere kreative, praktische und kooperative Arbeitsformen über Zoom sinnvoll durchzuführen wären. Das war eine Herausforderung, die sich jedoch letztlich ganz gut meistern ließ.

Katharina Flieser: Ich habe im Wintersemester 2020/2021 auch zum ersten Mal ein eigenes Seminar gehalten. Es hieß „Idee, Medien, Gestaltung – Kreativer Physikunterricht“ und wir beschäftigten uns mit der Verständlichkeit naturwissenschaftlicher Sachtexte. Ich habe die Veranstaltungen von Beginn an digital konzipiert. Die aufwendigsten Entscheidungen waren die, welche Plattformen ich für die Vermittlung der Inhalte und für die Zusammenarbeit nutzen möchte.

Johannes Haider: Die Interaktion mit den Studierenden hat sich in der digitalen Lehre natürlich in besonderer Weise verändert. Gerade in den Praxisphasen des Seminars war da mehr Eigenverantwortlichkeit seitens der Studierenden geboten.

Helen Gaßner-Hofmann: Da das Zusatzstudium „Inklusion – Basiskompetenzen“ (ZIB) von einer engen Verzahnung theoretischer und praktischer Elemente lebt, stellten die Schulschließungen bzw. der stark veränderte Schulalltag einen großen Einschnitt dar. Die Studierenden mussten teilweise ihre Praktika pausieren oder verändert fortführen. Sie unterstützten Lehrkräfte in der Notbetreuung oder im digitalen Unterricht, arbeiteten z.B. Erklärvideos oder Arbeitsmaterialien aus, die von Schüler:innen im Homeschooling genutzt werden konnten. Die Umstellung der begleitenden universitären Seminare auf ein digitales Format vollzog sich recht schnell. Während Blockseminare nun auch asynchrone Arbeitsphasen enthielten, wurde bei den semesterbegleitenden Theorie-Praxisseminaren darauf geachtet, synchrone Treffen über Zoom zu organisieren, um einen regelmäßigen Austausch zu ermöglichen. Dabei wurden unterschiedliche Methoden und Anwendungen erprobt, um auch (inter‑)aktive Phasen zu ermöglichen.

Unter all dem Unvorhergesehenen, Unsicheren und Ungewohnten – Was hat euch am digitalen Semester positiv überrascht?

Dr. Kathrin Boukrayâa Trabelsi: Positiv überrascht war ich, dass alles, was ich an kreativen, praktischen und kooperativen Arbeitsformen für die Präsenzveranstaltung geplant hatte, tatsächlich auch digital relativ gut funktionierte. Dadurch konnten alle Seminarinhalte auch in digitaler Form sehr gut vermittelt werden.

Katharina Flieser: Ich habe viel darüber gelernt, wie gut es klappen kann, aktiv zusammenzuarbeiten, obwohl man sich nicht im gleichen Raum befindet. Die Möglichkeiten, die sich online dafür bieten, sind so vielfältig und leistungsfähig!

Johannes Haider: Die Mitarbeit der Studierenden habe ich, trotz der erschwerten Kommunikationssituation, als sehr angenehm empfunden. Die Verarbeitung von Material und Präsentation von Ergebnissen war aufgrund der Tatsache, dass alle jederzeit über die entsprechende Software verfügt haben, ein Luxus, den man nicht missen möchte.

Helen Gaßner-Hofmann: Wir waren überrascht, dass der Austausch im Seminar – zumindest scheinbar - nicht unter dem digitalen Format litt. Erfahrungen im „Praktikum“ (bzw. der Gestaltung digitalen Unterrichts) wurden intensiv reflektiert und diskutiert. Unterschiedliche digitale Tools (wie z.B. Padlet, Miro, Answergarden) wurden in kürzester Zeit selbstverständlich von Dozierenden und Studierenden gehandhabt und kristallisierten sich als wertvolles Arbeitsinstrument heraus. Durch sie wurden zudem parallele und auch anonyme Ideensammlungen ermöglicht. Auch die Praktikumslehrkräfte empfanden die Unterstützung und Zuarbeit der Studierenden in Zeiten des Homeschoolings als sehr gewinnbringend.

Und was konnte sich auch durch eure zunehmende Erfahrung mit digitalen Tools nicht wettmachen lassen?

Dr. Kathrin Boukrayâa Trabelsi: Der persönliche Kontakt fehlte. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass es mein erstes universitäres Seminar war, hätte ich mir den persönlichen Kontakt mit den Studierenden gewünscht. Zum Teil vor Profilbildern (wegen ausgeschalteter oder nicht funktionierender Kameras) zu unterrichten, war unangenehm. Praxisversuche in Hinblick auf geplante Unterrichtsstunden wären in Präsenz sicherlich besser und authentischer durchzuführen gewesen. Diesbezüglich war die Interaktivität im Seminar doch etwas begrenzt.

Katharina Flieser: Am meisten fehlt(e) mir die Möglichkeit, über Blickkontakt zu kommunizieren. Sei es, um damit jemandem zu signalisieren, dass ich sie oder ihn gerade wahrnehme oder anspreche, oder sei es, um kurze, nonverbale Botschaften an eine bestimmte Person zu senden.

Johannes Haider: Mir kam der persönliche Austausch über Arbeitsergebnisse ein wenig zu kurz. Auch die Gelegenheit Rückfragen zu stellen wurde selten genutzt, da bietet der direkte Kontakt im Anschluss an das Seminar schon mehr Möglichkeiten.

Helen Gaßner-Hofmann: Studierendengruppen, die das Zusatzstudium bereits abgeschlossen haben, betonen oft den Zusammenhalt innerhalb der Seminargruppe, der sich über die drei Semester des Zusatzstudiums entwickelte. Es entstanden zwischen den Studierenden Beziehungen, die auch das weitere Studium nachdrücklich prägten. Wir waren bemüht, auch zu Pandemiezeiten einen intensiven Austausch der Studierenden zu ermöglichen, indem beispielsweise immer wieder in Gruppen in Breakoutrooms, gearbeitet wurde. Ob der Austausch „zwischen Tür und Angel“ vollständig kompensiert werden konnte, bleibt aber noch unklar. Fehlende oder veränderte praktische Erfahrungen und die fehlenden Möglichkeiten vor Ort konkrete Materialien zu zeigen bzw. auszuprobieren, die nicht digital übermittelt werden können, konnten leider schwer ersetzt werden. Auch manche Methoden, wie Rollenspiele, Selbsterfahrungsübungen etc., konnten nur eingeschränkt durchgeführt werden.

Das kommende Semester ist nun ein großer Schritt „zurück in die Zukunft“. Was hat euch in den zwei digitalen Semestern überzeugt, sodass ihr es auch in das kommende Semester integrieren möchtet, das überwiegend in Präsenz stattfinden wird?

Dr. Kathrin Boukrayâa Trabelsi: Es gibt durchaus Seminarinhalte, die mithilfe verschiedener Medien auf digitalem Weg genauso gut zu vermitteln sind wie in Präsenz. Somit können entsprechende Teile des Seminars weiterhin in digitaler Form stattfinden, um möglicherweise für die Studierenden oder auch die Lehrperson eine Entlastung zu bieten. Ist es beispielsweise aufgrund von längeren Anfahrtswegen, weiteren Terminen o.Ä. eine Erleichterung, einzelne Seminarsitzungen, in denen die Studierenden sowieso weitgehend selbstständig arbeiten, oder in denen sehr viel Wissen durch Lehrvorträge vermittelt werden, digital durchzuführen, ist diese Form aus meiner Sicht doch zweifelsfrei zu befürworten.

Katharina Flieser: Worauf ich in Zukunft nicht verzichten möchte, sind Gespräche über Video. Zwar vor allem zu zweit, also etwa im Gegensatz zu einem Telefongespräch, aber auch für Fragerunden finde ich Videokonferenzen mit der Möglichkeit zum Screensharing extrem nützlich.

Johannes Haider: Wenn es sich aus Präsentationsgründen anbietet, eine Sitzung online über Zoom besser gestalten zu können, möchte ich auf diese Möglichkeit auf jeden Fall zurückgreifen. Des Weiteren möchte ich das ein oder andere Online-Angebot, das ich im digitalen Lehrbetrieb eingesetzt habe, den Studierenden mindestens für die häusliche Übung bereitstellen. Da viele ohnehin ihre digitalen Endgeräte in den Sitzungen dabeihaben, lässt sich hier auch einiges im Präsenzbetrieb einbauen.

Helen Gaßner-Hofmann: Einzelne digitale Tools können auch Präsenzlehre bereichern und werden auch zukünftig im ZIB Anwendung finden. Insbesondere die Möglichkeit, parallel an etwas zu arbeiten oder anonym Ideen einzubringen, sorgt für eine abwechslungsreiche und interaktivere Seminargestaltung. So bleibt die Möglichkeit, Präsenzlehre mit digitalen Elementen zu ergänzen. Blockseminare, die in der vorlesungsfreien Zeit teilweise mit den Praktika der Studierenden kollidierten, können durch die Bereitstellung von asynchron zu bearbeitenden Inhalten flexibler gestaltet werden. So kann auch in Zukunft die Präsenzlehre durch Möglichkeiten der digitalen Lehre gewinnbringend ergänzt werden.

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