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Interviews

Interview mit dem Team von SSE

Daniel Brühl von SSE (Schriftspracherwerbsdidaktik optimiert und effektiviert erlernen) über Spannungsfelder innerhalb der Maßnahme und die Entwicklung einer KI-gestützten Rechtschreib-App


Was treibt euch an (in und für eure Maßnahme)?

Für mich sind es die vielen unterschiedlichen Spannungsfelder, in denen wir uns mit der Maßnahme bewegen. Der Unterschied zwischen analog und digital, der uns sowohl in der Lehre als auch direkt am Projekt beschäftigt und immer wieder zu neuen Aushandlungsprozessen und Erkenntnissen führt. Auch die unterschiedlichen Teilnehmenden an Lehre und Workshops konfrontieren einen mit ganz individuellen Erfahrungen und Anregungen. Wir arbeiten im Projekt mit Studierenden, Referendar:innen, Lehrkräften und natürlich anderen Forschenden zusammen. Die diversen Perspektiven, die sich hier ergeben, führen einen erstaunlich oft wieder an die ganz generische Frage „warum?“. Warum machen wir das? Und das ist eigentlich auch das, was mich selbst am meisten antreibt. Dass wir bei der Forschung zu digitalen Medien im Unterricht auch ganz grundlegende Teile der Grundschulpädagogik an sich auf den Prüfstand nehmen. Wie zum Beispiel die Frage „Wer ist verantwortlich für das Lernen?“ Die Lehrkraft oder der Schüler/die Schülerin? Wie schaffen wir es, die Lernenden dafür zu schulen die Verantwortung zu übernehmen? Digitale Medien bieten uns hier eine Menge Möglichkeiten den Lernprozess gänzlich eigenverantwortlich in die Hände der Kinder zu legen. Wir denken Unterricht neu. Das ist spannend!

Was sind oder waren die größten Herausforderungen?

Spannungsfelder sind nicht nur spannend, sondern manchmal auch anstrengend. Es ergeben sich immer wieder Knotenpunkte, an denen man nicht weiß, wie sie zu lösen sind. Um beim Beispiel von oben zu bleiben, nehmen wir an, wir als Lehrkräfte wollen, dass die Lernenden eigenverantwortlich lernen. Damit die Kinder aber eine größere Verantwortung tragen können, müssen wir als Lehrkräfte diese Verantwortung abgeben. Können sie die Verantwortung abgeben? Auch wenn es in der Klasse mal nicht so läuft und sie das Gefühl haben, die Kinder lernen dabei nichts.
Das sind Fragen, die in Seminaren oder Workshops auftauchen, und für die es keine einfachen, vorgefertigten Antworten gibt. Wir merken dabei, dass Studierende und Lehrkräfte gerne einfache und klare Lösungen wollen. Ich verstehe, dass bei der Arbeitsbelastung einfache und klare Lösungen gebraucht werden. Und digitalen Medien können in vielerlei Hinsicht auch genau das bieten. Aber die wichtigen Fragen, zum Beispiel, wie digitale Medien im Unterricht eingesetzt werden, lassen sich nicht mit einem Satz erklären und über Jahre hinweg immer gleich umsetzen. Es ist deutlich komplexer und individuell sehr unterschiedlich, das macht es manchmal schwer.

Was habt ihr gelernt?

Wir haben viel in multiprofessionellen Teams zusammengearbeitet. Einerseits an der Entwicklung der Rechtschreib-App talidu mit Informatiker:innen und andererseits in der Lehre mit Studierenden, Lehrkräften und
Referendar:innen. Das Arbeiten in multiprofessionellen Teams ist davon geprägt, dass man aus unterschiedlichen Bereichen kommt und unterschiedliche Kompetenzen und Ansichten hat. Diese miteinander zu verbinden, bedarf viel Kommunikation und Zeit für Aushandlungsprozesse - für Kompromisse - und verlangt von jedem Anwesenden Lernfreude und Hingabe für das Thema.

Worauf seid ihr stolz?

Wir haben eine KI-gestützte Rechtschreib-App entwickelt, die mittels kindlicher Fehlschreibungen sehr akkurat Fehlerschwerpunkte in der Orthographieentwicklung der Lernenden feststellt. Es ist wirklich unglaublich, wie gut dieser Algorithmus funktioniert und welche Auswirkungen ein solches Tool auf den Lernprozess der Kinder haben kann. Sie bekommen dadurch die Möglichkeit, jederzeit eigenverantwortlich Rechtschreibung zu üben. Mittels an die KI geknüpftem, elaboriertem Feedback entsteht beinahe eine Situation, wie wenn das Kind jederzeit eine Lehrkraft gegenüber hat, welche die Fehlschreibungen für das Kind verständlich macht und Strategien anbietet, damit diese Fehler nicht mehr passieren. Ein solches Tool hat sehr großes Potential, wenn man beispielsweise an Bildungsgerechtigkeit denkt. Darauf bin ich stolz.

Wie malt ihr euch die zukünftige Perspektive für euren Maßnahmenbereich aus?

Wir haben einige überdauernde Anteile in unserem Maßnahmenbereich. In der Lehre wurden mehrere Seminarkonzepte erarbeitet, die zum Teil auch schon mehrfach evaluiert sind und optimiert wurden und die in dieser Form auch von unterschiedlichen Fachbereichen adaptiert werden können, um die Studierenden in Themen wie Data Literacy, artificial intelligence und Machine Learning zu fördern. Außerdem hat das Projekt talidu die Möglichkeit, den Kindern weiter zur Verfügung zu stehen und wir hoffen sehr, dass das digitale Tool weitreichenden Einsatz in den Schulen findet und viele Kinder davon profitieren können und im Verlauf weiter verbessert werden kann. Außerdem haben wir unsere Erkenntnisse aus der Forschung an Seminarkonzepten mit Studierenden, Lehrkräften und Referandar:innen publiziert. In der Maßnahme sind auch noch weitere Arbeiten zu unseren Erkenntnissen und Erfahrungen publiziert worden. Wir hoffen sehr, dass andere Forschende an unsere Erkenntnisse anknüpfen können und dadurch neue Erkenntnisse gewonnen werden können.


L-DUR wird im Rahmen der gemeinsamen "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. (FKZ: 01JA2010)

L-DUR wird im Rahmen der gemeinsamen "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. (FKZ: 01JA2010)


L-DUR

Wissenschaftliche Projektleitung:

Prof. Dr. Meike Munser-Kiefer

Prof. Dr. Karsten Rincke

Logo L-DUR - Lehrkräftebildung Digital an der Universität Regensburg

Organisatorische Projektleitung:

Natascha Lehner