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Der Titel der Reihe ist von der provokanten These Hararis inspiriert, nach der verbindliche Grundlagen des Zusammenlebens und -arbeitens der Menschen Phantasieprodukte sind (Beispiele aus dem Buch: Vereinte Nationen, Gesetze oder ein Wirtschaftsunternehmen), die für real gehalten werden ("erfundene Realitäten"). Wenn das zutreffen sollte, dann gilt es offenbar, diese erfundenen Realitäten anzuerkennen, an ihre Existenz und Gültigkeit zu glauben, um Teil der Gemeinschaft sein zu können.
Gilt so etwas auch für die Wissenschaft? Der Gedanke, dass hier etwas geglaubt werde oder geglaubt werden müsse, um teilhaben zu können, wirkt irritierend. Wahrheiten sind doch eher das, was wir von der Wissenschaft erwarten! Keine Glaubenssätze!
Die Frage, die der Titel der Reihe stellt - oder, je nach Lesart, auch die These - verweist auf einen der Schmerzpunkte, die den Wissenschaftsbetrieb maßgeblich bestimmen: die Spannung zwischen Wahrheitsanspruch auf der einen und Vielstimmigkeit auf der anderen Seite. So haben in der Corona-Krise wiederholt verschiedene Vertreter*innen der Wissenschaft ihre Deutungen zu aktuellen Daten geäußert und sich dabei gegenseitig auch widersprochen. Dieser für die Wissenschaft an sich alltägliche und normale Deutungs(wett)streit scheint für viele Menschen jedoch eine Zumutung zu sein, die - mutmaßlich - an wissenschaftliche Aussagen Ansprüche herantragen, die die Wissenschaft nicht ohne Weiteres einlösen kann: Es werden "wahre" oder zumindest die Zeit überdauernde Aussagen erwartet, keine Widersprüche!
Die Veranstaltungsreihe greift einige Aspekte solcher Überlegungen auf.
Künstliche Intelligenz und menschliche Kreativität: Reichweite und Grenzen maschineller Intelligenz am Beispiel der Musik
Ort: Degginger, Wahlenstraße 17, 93047 Regensburg
Zeit: 16.05.22, Beginn 17:15h
Veranstalter*in: Prof. Dr. Thomas Kriza (Digitalisierung, Technologiefolgen und angewandte Ethik an der Fakultät für Angewandte Natur- und Kulturwissenschaften, OTH) zusammen mit der Pianistin Barbara Zeller
Beschreibung der Veranstaltung: Künstliche Intelligenz ist die Bestrebung, menschliche Intelligenz durch Technik zu imitieren. In einzelnen Anwendungsfeldern wie etwa beim autonomen Fahren oder bei Schachcomputern wurden bereits erstaunliche Fortschritte erzielt. Künstliche Intelligenz besiegt Menschen bei Quizsendungen. Können wir uns darauf einstellen, dass alle Aspekte menschlicher Geistestätigkeit durch Maschinen imitiert oder gar übertroffen werden können? Ein wichtiger Einwand lautet: Maschinen werden nie die höheren Ebenen menschlicher Kreativität wie etwa künstlerische Tätigkeiten übernehmen, Maschinen werden z.B. nie Symphonien wie Beethoven komponieren können. KI-Fans begreifen derartige Einwände oft als Herausforderungen. So hat der Musikwissenschaftler, Komponist und Programmierer David Cope die Noten von Komponisten wie Bach, Beethoven und Mozart maschinell analysiert und auf dieser Grundlage maschinelle Neukompositionen in deren Stil implementiert. Bei Blindvorführungen sollen diese Kompositionen ein musikalisch gebildetes Publikum überzeugen können. Auch neuere Projekte wie MuseNet von OpenAI sorgen für Schlagzeilen. In der Veranstaltung wird die Pianistin Barbara Zeller menschlich und maschinell komponierte Musikbeispiele auf dem Konzertflügel aufführen. Zusammen werden wir über künstliche Intelligenz im Bereich der Musik diskutieren: Wird KI auch menschliche Kreativität überbieten können? Was sind eigentlich Kunst und Musik und welche Bedeutung haben sie für den Menschen?
Die folgende Veranstaltung (30.05.22) entfällt leider!
Eine Zeitreise über die Verwissenschaftlichung der Geburt
Ort: Schulgarten im Botanischen Garten an der UR
Zeit: 30.05.22, Beginn 15:30h
Veranstalter*in: Prof. Dr. Barbara Fillenberg, M.A. (Hebammenwissenschaften an der Fakultät für Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften, OTH)
Beschreibung der Veranstaltung: In Deutschland werden die allermeisten Kinder in einer Klinik oder in einem Krankenhaus geboren, vergleichsweise wenig Kinder in Geburtshäusern oder im häuslichen Umfeld. Und fast keine werdende Mutter gebärt ihr Kind allein. Doch warum ist das so? Der aufmerksame Leser findet bei Harari eine eindrückliche Schilderung des Zusammenhangs zwischen der evolutionären Entwicklung des Menschen, dessen aufrechten Gang, der Größenzunahme des Gehirns und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Geburt. Genau das möchten wir uns näher ansehen und gemeinsam ergründen, warum ein physiologischer Prozess wie die Geburt zunehmend ins Interesse der Wissenschaft rückte und warum auch die Kritik daran als ursächlich für die „Geburt“ einer weiteren Wissenschaft gesehen werden kann. So möchte der Beitrag am Beispiel der Geburt die Entwicklung der noch jungen Hebammenwissenschaft und deren Bezug zu anderen Disziplinen beleuchten.
Ergänzende Hinweise: Die Teilnehmer*innenzahl ist auf 20 Plätze begrenzt. Anmeldung per E-Mail an krystian.wawrejko@oth-regensburg.de, bis spätestens Freitag, 20.05.2022. Der Vortrag richtet sich auch an Familien mit Kindern. Bitte geben Sie bereits bei der Anmeldung die Anzahl und das Alter Ihrer Kinder an, die Sie begleiten werden. Bei Starkregen kann die Veranstaltung nicht stattfinden.
Worte, Wissen, Faktenchecks, Glaubwürdigkeit - Tipps aus Sprachwissenschaft und Universitätsbibliothek
Ort: Präsentationsfläche im Infozentrum der Zentralbibliothek der UR
Zeit: 08.06.22, 16:00h-17:00h
Veranstalterinnen: Prof. Dr. Christiane Thim-Mabrey (Deutsche Sprachwissenschaft an der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, UR) und Dr. Stefanie Aufschnaiter (Universitätsbibliothek)
Beschreibung der Veranstaltung: Wer sich an der Universität mit Wissenschaften beschäftigt, muss lesen, zuhören, schreiben, fragen, diskutieren, vortragen. Ohne sprachliche Kommunikation gibt es keine Wissenschaft, ohne Bibliotheken keine Universität.
Wie steht es mit der Glaubwürdigkeit dessen, was man wissenschaftlich liest und hört? Kann nicht alles, was kommuniziert wird, wahr oder nicht wahr sein? Das könnten sich manchmal schon Erstsemester fragen. Erst recht stellt sich diese Frage, wenn es in der allgemeinen Öffentlichkeit um gesellschaftliche Handlungs- und Entscheidungsfelder geht.
Worauf kann man bei dem, was man liest und hört, achten:
- sprachwissenschaftlich gesehen (Teil 1) und
- bibliothekswissenschaftlich gesehen (Teil 2)?
„Tipps“ sind praktisch, aber sind sie auch „wissenschaftlich“?
- Dies kann in Teil 3 an Beispielen geprüft und diskutiert werden.
Machen Sie sich bitte frei - und diskutieren Sie mit: Die Wissenschaft und ihre Funktionäre - ihnen vertrauen oder misstrauen?
Ort: Taverne "Zur Geflickten Trommel", Gesandtenstraße 2, 93047 Regensburg
Zeit: 23.06.22 ab 21:00h
Veranstalter*in: Ferdinand Evers (Theoretische Physik an der Fakultät für Physik, UR) und Karsten Rincke (Didaktik der Physik an der Fakultät für Physik, UR)
Beschreibung der Veranstaltung: Wissenschaft erzeugt und verbreitet keine Wahrheiten. Sie bringt, wenn es gut läuft, belastbare, wenn auch vorläufige Aussagen über uns und unsere Welt hervor. All dies geschieht in einem sozialen Kosmos, der stets vielstimmig ist und der einiges von seinen Akteurinnen und Akteuren verlangt: Bis ins Detail nachzuvollziehen was andere äußern oder einst geäußert haben; offen und interessiert zu sein für Argumente, diese aber nüchtern und erbarmungslos zu hinterfragen; der Phantasie Raum zu geben und sie gleichzeitig durch Rationalität einzuhegen, schließlich: In der Vielstimmigkeit das Ordnende zu erkennen.
An diesem Abend möchten wir fragen und mit Ihnen diskutieren: Wie selektieren wir im Gewirr der vielen Stimmen diejenigen wissenschaftlichen Einsichten, denen wir vertrauen sollten, weil sie weiter helfen? Und was sortieren wir besser aus, weil es in die Irre führt?
Ergänzende Hinweise: Der Veranstaltungsraum in der Taverne bietet Platz für etwa 25 Personen.
Die Veranstaltungsreihe gehört zum gemeinsamen Projekt von Universität Regensburg und Technischer Hochschule Ostbayern Ein Campus - ein Buch
Initiator/Ansprechpartner der hier genannten Veranstaltungsreihe: Prof. Dr. Karsten Rincke, Uni Regensburg