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Mitteilungen der Universität Regensburg

Entwicklung und Wandel Istanbuls

DFG-Graduiertenkolleg 2337 „Metropolität in der Vormoderne“ recherchiert vor Ort zu Topographie, Ikonographie und Bauwerken


12. Oktober 2023

Mit dem Ziel, Entstehung, Entwicklung und Wandel einer der bedeutendsten Metropolen der spätantiken und byzantinischen Zeit anhand von Topographie, Ikonographie und Bauwerken über die Jahrhunderte hinweg aufzuzeigen, unternahmen Graduierte des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkollegs (GRK 2337) „Metropolität in der Vormoderne“ an der Universität Regensburg (UR) vom 28. September bis 8. Oktober 2023 eine akademische Exkursion nach Istanbul und in Teile Bithyniens. Wissenschaftlich begleitet wurde die Reise von Professor Dr. Dirk Steuernagel (Klassische Archäologie), Franziska Schneider B.Sc. und Dr. Arabella Cortese.

Die Mitglieder des GRK 2337 auf Istanbul-Exkursion, hier bei der Porta Aurea, Konstantinopels Goldenem Tor. Foto: UR/Arabella Cortese, GRK 2337

„Byzantine Talks“ als Vorbereitung

Im DFG-Graduiertenkolleg 2337 „Metropolität in der Vormoderne“ an der Universität Regensburg (Sprecher: Prof. Dr. Jörg Oberste) befassen sich Early-Career-Wissenschaftler:innen mit der Erforschung kultureller, sozioökonomischer, politischer, religiöser oder technologischer Dynamiken in vormodernen Großstädten aus verschiedenen Untersuchungsperspektiven. Die 16 Exkursionsteilnehmer:innen wurden bereits im Rahmen mehrerer internationaler „Byzantine Talks“ in den Vorsemestern auf die Exkursion vorbereitet. Vor Ort beteiligten sie sich durch Referate und kamen mit Mitgliedern zahlreicher Forschungseinrichtungen an den Universitäten in Bursa und Istanbul sowie am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) in Istanbul in Kontakt.

Den Auftakt bildete eine Besichtigung des Herzstücks der spätantiken Stadt (Hippodrom, Kaiserpaläste, Stadtmauer, Fora, St. Sophia und St. Irene). UR-Archäologe Steuernagel führte die Teilnehmer:innen anschließend anhand der hellenistischen und römischen Exponate des archäologischen Museums in die Entwicklung der Metropole Istanbul ein. Im selben Museum konnte Dr. Cortese die Geschichte einer der wichtigsten spätantiken Kirchen der Stadt, St. Polyeuktos, anhand der Analyse von Objekten rekonstruieren, die bei jüngsten archäologischen Ausgrabungen gefunden wurden.

Blick in die Istanbuler Hagia Sophia. Foto: UR/Arabella Corese, GRK 2337

Aspekte der Stadtgeschichte

Die Interdisziplinarität des GRK spiegelte sich in den Beiträgen von Professor Dr. Harald Buchinger (Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft an der Universität Regensburg) und Dr. Susanne Ehrich (Koordinatorin des Forums Mittelalter an der Universität Regensburg).

Ihre Expertise vertiefte zwei grundlegende Aspekte der Stadtgeschichte: die Vielfalt liturgischer und kaiserlicher Prozessionen im spätantiken und frühbyzantinischen Konstantinopel, die zur Vernetzung städtischer und außerstädtischer Sakralbauten beitrugen, und die weitreichende italienische Beeinflussung des ehemals genuesischen Kolonialviertels Galata, das heute noch durch die Landmarke des Galata-Turms gekennzeichnet ist.

Franziska Schneider (Doktorandin der Kunstgeschichte am GRK) gab Einblick in die Ausstattung von Moscheen wie Fenari Isa, die Mihrimahmoschee oder Sultanahmet und erweitere dadurch die Perspektive bis in die osmanische Zeit.

Bukoleon-Palast und St. Polyeuktos-Kirche

Weitere Höhepunkte der Exkursion waren zwei Monumente, die für die Öffentlichkeit momentan (noch) nicht zugänglich sind und im Rahmen von individuellen Führungen erschlossen wurden: der Bukoleon-Palast (Führung von Dr. Alkiviadis Ginalis, DAI Istanbul) und die St. Polyeuktos-Kirche (Führung von Prof. Dr. Mustafa Sayar, Lehrstuhl Klassische Archäologie der Istanbul Universitesi).

Der Konstantinopel-Teil der Exkursion endete mit dem Besuch des DAI, wo der stellvertretende Direktor Dr. Moritz Kinzel und der Ansprechpartner für den spätantiken Bereich, Dr. Alkiviadis Ginalis, durch die Bibliothek des Instituts führten. Sie erläuterten ihre Ausgrabungsprojekte in der Türkei und zeigten der UR-Gruppe einige Bilder ihrer reichhaltigen Fotothek, die die Stadt Istanbul vor dem urbanen Boom des 21. Jahrhunderts dokumentieren.

Mitglieder des DFG-Graduiertenkollegs 2337 mit Dr. Ginalis Alkiviadis (DAI Istanbul) auf wissenschaftlicher Exkursion in Istanbul, hier beim Bukoleon-Palast. Foto: UR/Arabella Cortese, GRK 2337

In Bithynien: Izmit und Iznik

Der zweite Teil der Exkursion führte zu zwei bedeutenden Städten in der historischen Region Bithynien: Izmit (die antike kaiserliche Residenz Nicomedia) und Iznik (das antike Nicäa). Professor Hakan Mert und Professor Dr. Mustafa Şahin (Lehrstuhl Klassische Archäologie, Bursa Uludağ Üniversitesi) erläuterten die laufenden Grabungen zur Nekropole, dem Theater und dem archaischen Tempel der Stadt Apollonia in Rhydacum.

Hier wurden auch logistische Schwierigkeiten „greifbar“, die lokale Archäolog:innen in schwer zugänglichen Gebieten zu bewältigen haben. Besonders spannend: die Begehung einer Kirche, die einst unter Wasser stand und die durch Unterwassergrabungen freigelegt wurde. Es handelte sich dabei um einen erst in den letzten Jahren bekannt gewordenen Kirchenbau mutmaßlich des 4. Jahrhunderts, dessen Zusammenhang mit dem berühmten Konzil von Nizäa unklar ist.

Neue Perspektiven, neue Projekte

Die interdisziplinäre Exkursion, die einen Einblick in die Stadtgeschichte Istanbuls vom Hellenismus bis zur Neuzeit gab, „war nicht nur wissenschaftlich bereichernd, sondern vertiefte zudem die kollegialen Beziehungen und den internen Zusammenhalt zwischen den Doktorand:innen aus verschiedenen Kohorten des GRK“, so GRK-Koordinatorin Cortese.

Der bereits etablierte wissenschaftlichen Austausch des Instituts für Klassische Archäologie mit den türkischen Universitäten Bursa und Istanbul und den deutschen Auslandsinstituten seien durch die Exkursion des GRK um weitere, spezifisch metropolitane und interdisziplinäre Perspektiven erweitert worden. Zukünftige Kooperationen für Forschungsprojekte und -aufenthalte sind in Planung.

Informationen/Kontakt

Dr. Arabella Cortese
Wissenschaftliche Koordinatorin

DFG-Graduiertenkolleg GRK 2337, Universität Regensburg

Telefon: + 49 941 943-3597, E-Mail: Arabella.Cortese@ur.de

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