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Fellows

Nachfolgend finden Sie Informationen zu den Fellows der Forschungsstelle (in alphabetischer Reihenfolge) und zu ihren Forschungsprojekten.



Beck, Daniel


Liberalismus, Pluralismus, Kollektivität. Relationale Autonomie als Mittlerin scheinbar unvereinbarer Differenzen

Betreuer: Prof. Dr. Christian Neuhäuser (Technische Universität Dortmund)

Fachbereich: Philosophie

Kontakt: daniel2.beck@tu-dortmund.de


Projektbeschreibung

In zunehmend pluralistischen, hochindividualisierten Gesellschaften scheint es immer schwieriger zu werden, sich auf gemeinsame Ziele und Regeln des öffentlichen Lebens zu einigen. Theorien des Liberalismus wie der Politische Liberalismus von John Rawls nehmen sich dieser Problemstellung an und adressieren die Frage nach der Stabilität solcher Gesellschaften. Sie versuchen, die dem politischen Gemeinwesen zugrundeliegenden Prinzipien neutral, d.h. unabhängig von gruppenspezifischen Ideen davon zu formulieren, was es bedeutet, ein gutes Leben zu führen. So soll die Zustimmung aller Bürger:innen für diese Prinzipien ermöglicht werden, deren Begründung auf freistehender Basis nun für alle vernünftigen Mitglieder der Gesellschaft – unabhängig ihrer individuellen Überzeugungen hinsichtlich eines guten Lebens – prinzipiell nachvollziehbar sein soll.

Die dritte Dimension des im Titel angelegten Nexus „Liberalismus, Pluralismus, Kollektivität“ erfährt dabei zu wenig Beachtung. Für die Verwirklichung des Liberalismus notwendige Einstellungen der Bürger:innen wie gegenseitiger Respekt und der Wille zur Partizipation am demokratischen Gemeinwesen sind das Resultat der Sozialisierung in bestimmten Kollektiven. Liberale Theorien sollten sich deswegen im Sinne des Erhalts des Liberalismus auch damit beschäftigen, wann und wie es angemessen ist, solche Kollektive zu fördern, die Individuen derlei Einstellungen vermitteln, denn: die breite Akzeptanz und Unterstützung von liberalen Staaten beruht nicht allein auf den abstrakten Begründungsprinzipien des Liberalismus, sondern bedarf einer lebensweltlichen Anknüpfung in Form von Sozialisierung in darauf ausgerichteten Kollektiven.

In der Arbeit werde ich argumentieren, dass ein auf (relationaler) Autonomie basierender perfektionistischer Liberalismus dafür eine bessere Grundlage bietet.


Akademischer Werdegang

  • Seit 2023: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie und Politikwissenschaft (Technische Universität Dortmund)
  • Seit 2021: Promotionsstudium
  • 2020-2023: Manager der Graduiertenschule “Graduate School on Political Cohesion” (GSPC)
  • 2019-2020: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centrum für Entrepreneurship & Transfer der TU Dortmund
  • 2016-2019: M.A. Philosophie und Politikwissenschaft (TU Dortmund)
  • 2012-2016: B.A. Ethnologie und Politikwissenschaft (Universität Freiburg)


   

Domscheit, Wenke


Pinnow und Groß Siemz – Gräberfelder der jüngeren Bronze- und älteren vorrömischen Eisenzeit: Belegungsgruppen als soziales und chronologisches Phänomen

Hinweis: Da Frau Domscheit über eine Stelle verfügt, beschränkt sich die Förderung seitens Forschungsstelle und Hansen-Stiftung auf die wissenschaftliche Begleitung ihres Promotionsvorhabens, was insbesondere die Teilnahme an den Sommerworkshops und Jahrestreffen der Forschungsstelle bedeutet.

Betreuer: Prof. Dr. Frank Nikulka (Universität Hamburg)

Fachbereich: Vor- und frühgeschichtliche Archäologie


Projektbeschreibung

Ein besonderes Phänomen der jüngeren Bronze- und älteren vorrömischen Eisenzeit Mitteleuropas ist darin zu beobachten, wie unterschiedliche archäologische Kulturen ihre Gräber nach dem immer gleichen Prinzip anordneten. Dieses Gleichverhalten findet ihren Ausdruck durch sogenannte Belegungsgruppen, die sich zumeist durch die mehrfach gruppenweise Anordnung von Gräbern auf einem Gräberfeld auszeichnen. Oft, über mehrere Jahrhunderte hinweg, entstanden auf diese Weise deutlich voneinander abgegrenzte Gruppierungen von Gräbern, die als Hinweis auf einzelne unterschiedliche Kollektive innerhalb einer übergeordneten Bestattungsgemeinschaft verstanden werden können. Wird die Art dieser Kollektive häufig in einem verwandtschaftlichen Kontext gedeutet, konnten bisher keine Studien vorgelegt werden, welche die Ursachen und die Funktion von Belegungsgruppen ausreichend diskutieren. So wären neben familiären Strukturen auch andere soziale Gruppierungen, gesellschaftliche Unterschiede oder religiösen Anschauungen als abgrenzende Faktoren zwischen den einzelnen Belegungsgruppen und somit Kollektiven vorstellbar.

Mein Forschungsvorhaben widmet sich diesen Faktoren und den daraus resultierenden Fragestellungen, wie etwa der Frage nach Kommunikation und Interaktion zwischen den verschiedenen Akteuren über den zeitlichen Verlauf der Belegung hinweg. Als Fallbeispiel dienen der Dissertation die beiden Gräberfelder Pinnow und Groß Siemz in Mecklenburg-Vorpommern.


Akademischer Werdegang

  • Seit 2019: wissenschaftliche Hilfskraft am Deutschen Archäologischen Institut - Römisch-Germanische Kommission (Frankfurt/M.)
  • 2012-2017: M.A. Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie (Universität Hamburg)
  • 2009-2012: B.A. Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie (Universität Hamburg)


  

Greifenberg, Dominik


Foto Greifenberg

Krise und kollektive Identität. Stadtgemeinden als Akteure bei Belagerungen an der Schwelle vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit

Betreuer: Prof. Dr. Ralf-Peter Fuchs (Universität Duisburg-Essen)

Fachbereich: Geschichtswissenschaft (Neue Kulturgeschichte)

Kontakt: dominik.greifenberg@uni-due.de


Projektbeschreibung

Das Forschungsvorhaben befasst sich mit spätmittelalterlichen Stadtgemeinden und ihrem Umgang mit Belagerungen als Krisensituationen. Seit dem Hochmittelalter konnte sich im Zuge der sogenannten Kommunalisierung die Stadtgemeinde (lateinisch communitas) vielerorts als politischer Akteur etablieren. Die sich formierende Bürgerschaft beanspruchte zunehmend politische, rechtliche und soziale Kompetenzen, etablierte eigene Verfassungsstrukturen und verdrängte so sukzessive die eigentlichen adeligen oder geistlichen Stadtherren teilweise oder gänzlich aus ihrer Funktion. So konnte sich ein für die Zeit radikal-neuartiges Verfassungssystem entwickeln, das mit innovativen Lösungsansätzen in Politik, Recht und Verwaltung aufwarten konnte. Damit ging die Herausbildung einer spezifischen Kultur und Identität einher, die ganz erheblich von dem Bewusstsein geprägt war, als Kollektiv selbstbestimmt und erfolgreich die Geschicke der eigenen Stadt zu lenken und das Angebot von Sicherheit(en), welches die Stadtherren bis dato exklusiv gewährleisten konnten, nun vollständig selbst schultern zu können. Im späten Mittelalter – die Forschung hat vor allem das 15. Jahrhundert als ‚Zeit der Krisen‘ charakterisiert – wurde das System der communitas in vielfacher Hinsicht auf den Prüfstand gestellt. Militärisch etwa gerieten die unabhängigen Stadtgemeinden immer wieder ins Visier adeliger Akteure. Krisensituationen wie Belagerungen erforderten die Umsetzung vorher (bewusst wie unbewusst) durchdachter und entwickelter Reaktionsmuster unter Einsatz spezifischer Kulturtechniken. Dabei stellten militärische Konflikte im Spätmittelalter aufgrund technischer Innovationen (vor allem der Etablierung von Feuerwaffen) und militärischer Reformen (Fürsten stellen erste stehende Heere auf) fundamental neue Herausforderungen an das Kollektiv der Stadtgemeinde.

Die Untersuchung soll anhand einzelner Belagerungsszenarien von Städten am Niederrhein und in Westfalen im 15. und 16. Jahrhundert den Umgang einzelner Kollektive mit der existentiellen Krisensituation der Belagerung ergründen. Dabei steht weniger die pragmatische Seite des Krisenmanagements im Vordergrund, sondern vielmehr die deutlich weniger erforschte psychosoziale Dimension. Im Zentrum steht die Frage, welche Bedeutung und Funktion kollektivem Bewusstsein, kollektivem Handeln, kollektiver Identität und Solidarität bei der Bewältigung der Belagerungssituation einerseits beigemessen wurden und andererseits tatsächlich zugefallen sind. Ferner soll aufgezeigt werden, inwiefern die Krisen und deren Reflexion die Identität der Stadtgemeinden nachhaltig geprägt haben.


Akademischer Werdegang

  • Seit 2014: Promotionsstudium (Universität Duisburg-Essen)
  • 2014-2018: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für die Landesgeschichte der Rhein-Maas-Region an der Universität Duisburg-Essen
  • 2010-2013: M.A. Mittelalter- und Renaissancestudien (interdisziplinärer Studiengang mit Geschichtswissenschaft als Kernfach/Ruhr-Universität Bochum)
  • 2006-2009: B.A. Geschichtswissenschaft und Germanistik (Ruhr-Universität Bochum)

Publikationen (bis zum Abschluss des Promotionsverfahren)

  • "Melanchthon und Bucer: Frühe Reformationsbemühungen am Niederrhein", in: Niederrhein-Magazin 23 (2017), S. 3-10.
  • "Sicherheitsversprechen - Wilhelm der V. von Jülich-Kleve-Berg und seine Sicherheitspolitik", in: Niederrhein-Magazin: Programmzeitschrift der Niederrhein-Akademie 21 (2016), S. 3-11.
  • "Die Stadtmauer als Objekt korporativer Identifikation? Zur symbolischen und soziokulturellen Bedeutung der Stadtmauer für die Kölner Kommune im Hoch- und Spätmittelalter", in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein insbesondere das alte Erzbistum Köln 218 (2015) S. 45-94.
  • "Die mittelalterliche Stadtbefestigung als Forschungsgegenstand der Infrastruktur-Geschichte", in: Niederrhein-Magazin 20 (2015), S. 22-33.
  • "Überlegungen zu Sinn und Nutzen einer Infrastruktur-Geschichte des Mittelalters", in: Niederrhein-Magazin 19 (2015), S. 13-23.


   

Hahn, Lisa


Foto Hahn

Strategische Prozessführung. Zur politischen Nutzung von Recht durch Klagekollektive

Betreuerin: Prof. Dr. Susanne Baer, LL.M. (Michigan), HU Berlin

Fachbereich: Rechtswissenschaften

Kontakt: lisa.hahn(at)rewi.hu-berlin.de


Projektbeschreibung

„Strategische Prozessführung“ beschreibt eine Rechtspraxis, bei der Gerichtsverfahren systematisch eingesetzt werden, um eine über den Einzelfall hinausgehende, gesellschaftspolitische Wirkung zu erzielen. Seit einigen Jahren steigt die Zahl von Nichtregierungsorganisationen, die solche Verfahren systematisch in Zusammenarbeit mit Betroffenen, Anwaltschaft, politischen Akteuren und Wissenschaft einsetzen. Die Promotion nimmt diese Entwicklung zum Ausgangspunkt für eine interdisziplinäre Analyse der Bedingungen und Akteure strategischer Prozessführung in Deutschland. Da bislang keine einheitlich verwendete Definition dieses Phänomens existiert, wird ein eigenes Konzept von strategischer Prozessführung als Modus kollektiver Rechtsmobilisierung entwickelt. Demnach ist die Form der Mobilisierung prägend für strategische Klagen. Diese werden meist nicht nur von betroffenen Individuen, sondern unter Beteiligung einer Vielzahl von Akteuren geführt - einem Klagekollektiv.

Eine rechtliche Analyse und empirische Fallstudien werden zeigen, dass die Handlungsspielräume von Klagekollektiven und der Erfolg von strategischen Prozessen von einer Vielzahl juristischer, sozialer, politischer und ökonomischer Faktoren abhängen. Ziel der Arbeit ist es zu darzulegen, wie Klagekollektive angesichts gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse nicht nur zur effektiven Rechtsdurchsetzung beitragen, sondern auch politische Teilhabe fördern.


Akademischer Werdegang

  • Seit 2018: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien, Prof. Dr. Susanne Baer, LLM. & Prof. Dr. Ulrike Lembke (HU Berlin)
  • 2016-2018: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am „Institut für interdisziplinäre Rechtsforschung – Law and Society Institute“ in dem rechtsethnologischen Forschungsprojekt „Was „macht“ Migration mit Verwaltungsrecht“ (HU Berlin)
  • 2010-2016: Staatsexamen, Rechtswissenschaften (HU Berlin und Bahçeşehir Üniversitesi Istanbul)

Publikationen (bis zum Abschluss des Promotionsverfahrens)



    

Hasl, Markus


Foto Hasl

Betroffenenkollektive im Völkerrecht – Zur Neuausmessung des Verhältnisses zwischen Zivilgesellschaft und Internationalen Institutionen über Kollektivität, Betroffenheit und Selbstrepräsentation

Betreuer: Prof. Dr. Jochen von Bernstorff, LL.M. (Universität Tübingen)

Fachbereich: Rechtswissenschaften

Kontakt: markus.hasl(at)uni-tuebingen.de


Projektbeschreibung

Das Projekt identifiziert und analysiert einen zentralen Paradigmenwechsel im Verhältnis zwischen Völkerrecht und Zivilgesellschaft. Das klassische Leitbild für die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure ist die internationale Nichtregierungsorganisation (NRO). Diese verkörpert das Ideal einer internationalen Zivilgesellschaft, basierend auf dem freiwilligen Zusammenschluss von Individuen, und zwar im Interesse des Gemeinwohls. Die Arbeit wird zeigen, dass dieses Leitbild des Gemeinwohlkollektivs seine Vormachtstellung insbesondere seit den 1990er Jahren in zunehmendem Maße zugunsten eines neuen Leitbilds einbüßt: dem des Betroffenenkollektivs. Dazu analysiert die Arbeit insbesondere Institutionen im System der Vereinten Nationen, aber etwa auch internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank, die sich immer stärker für die Selbstrepräsentation bestimmter Kollektivgruppen öffnen und in ihrer Beteiligungsarchitektur solche Betroffenenkollektive zum Teil sogar gegenüber Gemeinwohlkollektiven (also NROs) bevorzugen. Charakteristisch sind in allen Fällen Zugangsregeln und Mechanismen, die darauf hinwirken, dass die fraglichen Personengruppen bevorzugt durch solche Organisationen repräsentiert werden, die sich aus Menschen dieser Kollektivgruppe zusammensetzen und von solchen geführt werden. Beispielhaft genannt seien hier etwa indigene oder kleinbäuerliche Gemeinschaften genauso wie Menschen, die von HIV/ AIDS betroffen sind, oder Menschen, die mit einer Behinderung leben.


Trotz einer Verfestigung dieser Leitbildausdifferenzierung zwischen Gemeinwohl- und Betroffenenkollektiv in verschiedenen Teilbereichen des Völkerrechts, fehlt es der Rechtswissenschaft bisher an einer systematischen Erfassung und Einordnung. Dieser Aufgabe nimmt sich die Arbeit an und verschafft der Rechtswissenschaft damit einen neuen und empirisch fundierten analytischen Blick auf das Verhältnis zwischen Zivilgesellschaft und Völkerrecht. Der zentrale Forschungsbeitrag ergibt sich dabei insbesondere in Auseinandersetzung mit der aktuell dominierenden Diagnose, das Völkerrecht und dessen Institutionen seien gekennzeichnet durch eine defizitäre Verantwortlichkeitsbeziehung zwischen regulierenden Autoritäten und den davon Betroffenen: So werden sich Rückschlüsse für diese Problematik unmittelbar aus den Erkenntnissen dazu ergeben, wie und von wem Betroffenenkollektive über die Attribute ‚Betroffenheit‘ und ‚Selbstrepräsentation‘ bestimmt werden, als auch aus Einsichten über die Ausgestaltung des Verhältnisses zu anderen Kollektiven wie Staaten, NROs und internationalen Organisationen. Zusammen werden diese beiden Dimensionen deutlich machen, wie Leitmodelle über Inklusion und Exklusion im Völkerrecht bestimmen und unter welchen Umständen das neue Leitmodell der Betroffenenkollektive eine bessere Rückbindung völkerrechtlicher Entscheidungsfindung auch an marginalisierte und exkludierte gesellschaftliche Kollektive sorgen kann.


Akademischer Werdegang

  • Seit Oktober 2019: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Staatsrecht, Völkerrecht, Verfassungslehre und Menschenrechte, Prof. Dr. Jochen von Bernstorff (Universität Tübingen)
  • 2015–2019: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am DFG-Sonderforschungsbereich 923 Bedrohte Ordnungen, Teilprojekt F07 “Die Bedrohung lokaler Ordnungen durch Land-Grabbing” (Universität Tübingen)
  • 2009 –2015: Staatsexamen, Rechtswissenschaften (Universität Tübingen)

Publikationen (bis zum Abschluss des Promotionsverfahrens)

  • “Shifting the paradigm: a typology of affected persons’ participation in international institutions”, in: Third World Thematics: A TWQ Journal, Vol. 3 Hefte 5-6 (2018), S. 626-644, doi.org/10.1080/23802014.2018.1553506,
    erscheint auch als Print-Abdruck in: Jan Sändig, Jochen von Bernstorff, Andreas Hasenclever (Hrsg.), Affectedness and Participation in International Institutions, London 2019.


    

Kirchmann, Simon


Die Ontologie von Propositionen

Betreuer: Prof. Dr. Mark Siebel (Universität Oldenburg)

Fachbereich: Philosophie

Kontakt: simon.kirchmann@uni-oldenburg.de


Projektbeschreibung

Propositionen sind die Gehalte des Sprechens, der intentionalen Einstellungen und die fundamentalen Wahrheitswertträger. Die durchsetzungsstärksten Konzeptionen dieser Entitäten stammen von Gottlob Frege und Scott Soames. Soames lehnt Freges Konzeption aufgrund der metaphysischen Ontologie fregescher Propositionen ab und definiert sie als ontologisch abhängig von menschlichem Handeln. Um überzeugen zu können, muss Soames¢ Konzeption mindestens die folgenden drei Bedingungen erfüllen: Erstens sollte die Ontologie, die Soames vermeiden will, problematisch sein. Zweitens sollte Soames eine solche Ontologie selbst vermeiden. Drittens sollten die für Propositionen konstitutiven menschlichen Akte nicht isoliert werden. Die Konzeption muss der Tatsache Rechnung tragen, dass Propositionen durch Merkmale der Kollektive geprägt sind, denen die Akteure angehören.

Die Dissertation verfolgt entsprechend drei Ziele: Erstens wird diskutiert, ob die Eigenschaft der zeitlosen Existenz, die Frege Propositionen zuschreibt, so problematisch ist, wie Soames annimmt. Zweitens wird gezeigt, dass Soames’ eigene Konzeption diese Eigenschaft impliziert und daher modifiziert werden muss. Drittens wird das Abhängigkeitsverhältnis beleuchtet, in dem Propositionen zu den Kollektiven stehen, denen die Menschen angehören, die diese Akte vollziehen, um damit einen Lösungsansatz für Soames’ Problem anzubieten.

Akademischer Werdegang

  • Seit 2021: Promotionsstudium in Philosophie (Universität Oldenburg)
  • 2016-2021: M.A. Kunst- und Medienwissenschaft (Universität Oldenburg)
  • 2016-2020: M.A. Philosophie (Universität Oldenburg)
  • 2012-2016: B.A. Philosophie und Kunst und Medien (Universität Oldenburg)


  

Laufer, Aaron


Entwurf einer Typologie des domophilen Künstlers auf der Grundlage der Multikollektivitätstheorie am Beispiel von Künstlerpersönlichkeiten des ausgehenden 19. Jahrhunderts und ihrer Behausungen.

Betreuer: Prof. Dr. Joachim Rees (Universität Saarbrücken)

Fachbereich: Kunstgeschichte


Projektbeschreibung

Die Rezeption des sich häuslich selbststilisierenden, domophilen Künstlers befindet sich seit seinem Auftreten im 19. Jahrhundert im Spannungsfeld von absoluter Autonomie einerseits und soziohabitueller Assimilation andererseits. Dies verhinderte bislang eine eingehende Untersuchung des auf den ersten Blick widersprüchlichen Nebeneinanders von angestrebter Individualität bei gleichzeitiger Aufgliederung des Kollektivs domophiler Künstler in phänomenologisch distinktive Typen.

Auf der Grundlage einer Ausdeutung ihrer aus einer Vielzahl verschiedener Rollenbezüge eklektisch komponierten häuslichen Selbstinszenierungen als theatrale Verkörperungen einer multikollektivisch konstituierten Individualität soll ein Gleichgewicht zwischen den konträren Positionen von Individualität und Kollektivität erreicht werden.

Ziel des Projekts ist es, die typologische Vielfalt des Kollektivs domophiler Künstler anhand einer fallanalytischen Untersuchung ausgewählter domestischer Selbststilisierungen auf eine Kombination partieller Überschneidungen sowie Differenzen im subjektiven Multikollektivitätsprofil der Künstler zurückzuführen und so eine Basis für eine tiefergehende Erörterung künstlerischer Individualität zu erstellen.


Akademischer Werdegang

  • 2015-2018: M.A. Historisch orientierte Kulturwissenschaft (Universität Saarbrücken)

  • 2011-2015: B.A. Historisch orientierte Kulturwissenschaft mit Nebenfach Nachhaltigkeitswissenschaft (Universität Saarbrücken)


Publikationen (bis zum Abschluss des Promotionsverfahrens)

  • „Heimatkunst(-geschichte). Raumtheoretische Überlegungen zu Funktion und Motivik von Heimatkunst am Beispiel saarländischer Landschaften von Otto Weil und Fritz Zolnhofer“, in: Barboza, A./Krug-Richter, B./Ruby, S. (Hg.): Heimat verhandeln? Kunst- und kulturwissenschaftliche Annäherungen, Köln 2020, S. 147–159.
  • „Deutschland – auf der Suche nach eine (Beg-)Leitkultur“, in: Apelt, A. H./Jesse, E./Reimers, D. (Hg.): Brauchen wir eine Leitkultur? Abschlusspublikation des akademischen Essaywettbewerbs im Auftrag der Deutschen Gesellschaft e. V. und der Deutschen Nationalstiftung, Halle (Saale) 2018, S. 78–82.


  

Luft, Niklas


Zurechnung sportrechtswidrigen Verhaltens

Betreuer: Prof. Dr. Ulrich Haas (Universität Zürich)

Fachbereich: Rechtswissenschaften

Kontakt: niklas.luf(at)web.de


Projektbeschreibung

Die Verantwortlichkeit für Dritte stellt ein altbekanntes Rechtsproblem dar. In Ausnahme zur Grundregel, nur für eigenes Handeln verantwortlich zu sein, finden sich in der staatlichen Rechtsordnung zahlreiche Regelungen, die mittels der Rechtsfigur der Zurechnung die Verantwortlichkeit für Dritte anordnen. Zurechnungskonstellationen betreffen sowohl die Zurechnung von Umständen zwischen mehreren natürlichen Personen, als auch zwischen natürlichen Personen und Kollektiven in Form von juristischen Personen. Diese Regelungen sind je nach Rechtsgebiet und Regelungszweck uneinheitlich ausgestaltet, insbesondere die Behandlung von Kollektiven als Adressat der Zurechnung ist in der staatlichen Rechtsordnung uneinheitlich.

Vor dem Hintergrund der Ausgestaltung von Zurechnung in der staatlichen Rechtsordnung nimmt mein Promotionsvorhaben die Zurechnungsregelungen in den Disziplinarregelwerken der Sportverbände in den Blick. Auf Grundlage der verfassungsrechtlich garantierten Verbandsautonomie erlassen Sportverbände Regelungen, denen sich die Akteure im professionellen Sport unterwerfen. Diesen Regelungen kommt eine immense praktische Bedeutung zu. Allein in Deutschland treffen verbandsinterne Entscheidungskörper auf Grundlage dieser Regelungen mehre 100.000 Entscheidungen im Jahr, wobei ein beachtlicher Anteil dieser Entscheidungen auf Zurechnungskonstellationen entfällt. Vielfach werden die Regelungen in der Folge auch durch staatliche Gerichte und Schiedsgerichte angewendet und überprüft. Trotz der großen praktischen Bedeutung und der breiten Diskussion, die insbesondere die Konstellation der Zurechnung von Zuschauerverhalten gegenüber Fußballclubs einnimmt, fehlt es der (sport-)rechtswissenschaftlichen Diskussion bislang an einer dogmatischen Aufarbeitung der Zurechnungsregelungen in den Disziplinarregelwerken der Sportverbände.

Mein Promotionsvorhaben nimmt diesen Befund zum Anlass, die Disziplinarregelwerke der Sportverbände auf Zurechnungsregelungen zu untersuchen und erstmals ausführlich als Forschungsgegenstand aufzuarbeiten. Auf Grundlage der gemeinsamen Merkmale von Zurechnungsregelungen, die anhand der dogmatischen Grundlagen von Zurechnungsregelungen im staatlichen Recht ermittelt werden, wird zunächst anhand besonders praxisrelevanter Beispiele aufgezeigt, dass die Sportdisziplinarregelwerke Zurechnungsregelungen enthalten. Den Kern der Arbeit stellt sodann die Beantwortung der Frage dar, warum in den einzelnen Konstellationen eine Verantwortlichkeit für Dritte angeordnet wird. Dafür werden die Wertungen analysiert, die der jeweiligen Anordnung der Verantwortlichkeit für Dritte zugrunde liegen und diese sachlich legitimieren. Neben den Wertungen, die eine Zurechnung in der staatlichen Rechtsordnung rechtfertigen, soll anhand der Rechtsprechung von Verbandsgerichten, Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten aufgezeigt werden, welche sportspezifische Wertungen wie das Leistungsprinzip und die Chancengleichheit zur Legitimation von Zurechnungskonstellationen herangezogen werden können. Soweit die Verantwortlichkeit von Kollektiven für Dritte angeordnet wird, rücken insbesondere Fragen um das Erfordernis formaler Beziehungen zum Dritten in den Fokus. Daran schließt sich die Überprüfung der Zurechnungsregelungen auf ihre rechtliche Tragfähigkeit an. Ziel der Arbeit ist es damit, die Rechtsfigur der Zurechnung in den Regelwerken der Sportverbände aufzuzeigen, dogmatisch einzuordnen, die einzelnen Konstellationen auf die ihnen zugrunde liegenden Wertungen zu untersuchen und ihre rechtliche Tragfähigkeit zu überprüfen.


Akademischer Werdegang

  • 2017-2019: Juristischer Vorbereitungsdienst (Kammergericht Berlin), Zweites Staatsexamen
  • 2010-2017: Studium der Rechtswissenschaft (Universität Heidelberg und Università degli Studi Roma Tre), Erstes Staatsexamen

Publikationen (bis zum Abschluss des Promotionsverfahrens)

  • „COVID-19 und Sportrecht – Die Perspektiven der Stakeholder“, Veranstaltungsbericht, SpuRt 5/2020, S. 278-279 (gemeinsam mit Alexander Engelhard)
  • „Would you choose German courts for commercial disputes if proceedings were held before specialized chambers in English?“, in: Wagner Arbitration Journal, 11/2018 (gemeinsam mit Philipp K. Wagner), abrufbar hier.
  • „Recent sports related decisions of the German Federal Court“, in: World Sports Adcovate, 3/2017, S. 8-10 (gemeinsam mit Olga Hamama)


 
Specht, Giulia


Feminismus in Argentinien. Kollektivität und künstlerische Performanz

Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang Muno (Universität Rostock)

Fachbereich: Politikwissenschaften

Kontakt: anna.specht@uni-rostock.de


Projektbeschreibung

Am 3. Juni 2015 demonstrierten in Buenos Aires und anderen Städten Argentiniens mehr als 200.000 Menschen unter dem Leitsatz "Ni una Menos", um auf sexualisierte Gewalt und Femizide aufmerksam zu machen. Durch die Massivität dieser Demonstrationen markiert das Datum eine neue Ära der feministischen Bewegung in Argentinien, die seitdem ihre Sichtbarkeit und Handlungsfähigkeit kontinuierlich steigern konnte und sich eines breiten Spektrums an Strategien für kollektive Aktionen bedient. Hierbei fallen vor allem die Kreativität und Fröhlichkeit auf, mit denen der öffentliche Raum okkupiert wird. Diesem empirischen Phänomen Rechnung tragend, rückt diese Forschung Künstlerinnenkollektive aus Argentinien in den Mittelpunkt, die sich an der Schnittstelle von künstlerischem Aktivismus und Feminismus verorten. Mit Interventionen im öffentlichen Raum leisten sie einen wichtigen Beitrag, geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt sichtbar zu machen, kreieren aber auch einen Safer Space, der Handlungsfähigkeit ermöglicht. 

 

Ausgehend von einer ethnografischen Feldforschung sollen diese Aktionen als künstlerisch-ästhetische und feministisch-politische Praxis analysiert werden sowie die kollektiven Strukturen, die dieser Praxis zu Grunde liegen. Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Analyse feministischer Protestkultur geleistet und die genderpolitschen Auswirkungen dieser politischen Partizipationsform aufgezeigt werden.


Akademischer Werdegang

  • Seit 2019 Doktorandin im Promotionsprogramm "Interdisziplinäre sozio-kulturelle Studien (Europa und Lateinamerika)", Universität Rostock/Universidad Nacional de La Plata (Argentinien)
  • 2018-2019: DAAD Sprachassistentin, Universidad Nacional de Córdoba (Argentinien)
  • 2015-2018: M.A. Interdisziplinäre Lateinamerikastudien (FU Berlin)
  • 2008-2012: B.A. Romanistik und Germanistik (Universität Duisburg-Essen)

Publikationen (bis zum Abschluss des Promotionsverfahrens)

  • "Rituales feministas. Maquillaje mutuo y su aspecto ritual-sensorial", in: Universidad Nacional de La Plata (Hg.): XII Congreso Argentino de Antropologia Social, 2021 (gemeinsam mit Stefanie Langner)
  • "Cumbia Emergente - Wie die Aneignung eines Genres neue Räume für widerständiges Handeln eröffnet", in: Ila 420, 2018, S. 53-54.


  1. FAKULTÄT FÜR SPRACH-/LITERATUR-/KULTURWISSENSCHAFT

Forschungsstelle Kultur- und Kollektivwissenschaft

Altes Finanzamt (ALFI)
Landshuterstr. 4
VR 07
93047 Regensburg


+ 49 941 943-53 00
forschungsstelle.kollektiv
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