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Mitteilungen der Universität Regensburg

Essay-Preis zu Demokratie und Gewalt

Auszeichnung für die Regensburger Politikwissenschaftlerinnen Professorin Dr. Eva Odzuck und Professorin Dr. Gerlinde Groitl


11. Januar 2024

Die Regensburger Politikwissenschaftlerinnen Professorin Dr. Eva Odzuck (Politische Theorie) und Professorin Dr. Gerlinde Groitl (Internationale Politik) wurden kürzlich mit dem Essay-Preis des Jakob-Fugger-Zentrums für transnationale Studien der Universität Augsburg ausgezeichnet. Wieviel Gewalt benötigt die Demokratie, wieviel Gewalt verträgt sie? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Essaywettbewerbs, den das Fugger-Zentrum anlässlich seines zehnjährigen Jubiläums ausgelobt hatte. In einem zweistufigen Auswahlverfahren wurden von einer Jury deutsche und ukrainische Einreichungen begutachtet. Prämiert wurden neben Odzucks und Groitls „Plädoyer für eine wehrhafte Demokratie“ die Arbeiten der Oldenburger Soziologin Professorin Dr. Gesa Lindemann und der Masterabsolventin Anna Dziuban aus der Ukraine, die gerade ihr Studium der Literaturwissenschaft in München abgeschlossen hat. Die Preise wurden bei einem Festakt im Dezember 2023 an die vier Preisträgerinnen verliehen.

Die UR-Preisträgerinnen Prof. Dr. Eva Odzuck (l.) und Prof. Dr. Gerlinde Groitl (r.). © Foto: Julia Dragan / Universität Regensburg

Groitl und Odzuck verbinden in ihrem Essay die Blickwinkel ihrer jeweiligen Teildisziplinen. Ihre These lautet, dass im politischen Denken der Gegenwart die existenziell wichtige Frage nach dem richtigen Verhältnis von Gewalt und Demokratie zunehmend falsch beantwortet wird – mit verheerenden Folgen für die politische Praxis: Gewaltlegitimität und -fähigkeit schwinden dort, wo sie nötig sind, während sie dort, wo sie gefährlich sind, gedeihen. So wurden Denkmuster, die für das Binnenverhältnis in Demokratien essenziell sind, zunehmend auf die Außenpolitik übertragen.

In der Theorie und Praxis der internationalen Politik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Überzeugung durchgesetzt, dass Dialog, Verständigung und Verrechtlichung das Gewaltpotenzial zähmen könnten. Externe Bedrohungen für Demokratien durch autoritäre und imperiale Akteure und die brutale Logik der Machtpolitik gerieten dabei aus Sicht der Autorinnen ebenso aus dem Blick wie die Notwendigkeit, durch die Fähigkeit zur Gewaltanwendung den Ausbruch von Gewalt zu verhindern. Umgekehrt wurden in der Theorie und Praxis der Demokratie Konzepte, die dereinst im Hinblick auf zwischenstaatliche Konflikte geprägt worden waren (u. a. die Schmitt’sche Freund-Feind-Unterscheidung), auf das binnendemokratische Verhältnis zwischen Bürgern bzw. zwischen Bürgern und Institutionen übertragen. Politische Auseinandersetzungen werden zunehmend als kompromisslos zu führende Kämpfe gedeutet, demokratische Prozesse und die Regeln des Rechtsstaats delegitimiert.

Diese Fehlentwicklungen müssen korrigiert werden, so die Autorinnen. So wichtig es sei, im internationalen Bereich stets mit der Möglichkeit gewalttätiger Konflikte zu rechnen und die Grenzen der Friedenssicherung durch Dialog realistisch einzuschätzen, so fatal sei es, die zentrale Funktion und Leistungsfähigkeit der Vernunft im binnendemokratischen Bereich hierarchischer Staatlichkeit kleinzureden und den Institutionen der rechtstaatlichen Demokratie, die nur autorisierte und legitimierte Gewaltausübung duldet, die Grundlage zu entziehen. Es brauche wehrhafte Demokratien, die die Errungenschaft des Rechtfertigungsbedarfs von Freiheitseinschränkungen und des gewaltfreien Interessenausgleichs im Inneren gegen rationalitätsfeindliche Denkströmungen beschützen und die zugleich verteidigungsbereit seien bei unauflösbaren und gewaltsamen Konflikten im Äußeren.

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