Klausur Schuldrecht im SS 2023
Schreibtermin: Dienstag, 25.7.2023, 8.00 Uhr s.t. - 11.00 Uhr.
Rückgabe mit Besprechung und Notenbekanntgabe: Dienstag, 12.9.2023, H 20, 16.00 Uhr c.t. Beachten Sie unbedingt die Hinweise zur Remonstration einschließlich der kurzen Remonstrationsfrist!
Wiederholerklausur
Schreibtermin: Donnerstag, 12.10.2023, 8.00 Uhr s.t. -11.00 Uhr.
Die Aufteilung auf die Hörsäle wird noch bekanntgegeben.
Rückgabe mit Besprechung und Notenbekanntgabe: wird noch bekanntgegeben.
Die Teilnahme an der Wiederholerklausur setzt das Nichtbestehen der Hauptklausur voraus. Dabei muss im Rahmen der Hauptklausur ein ernsthafter Versuch dokumentiert werden (z.B. reicht die Abgabe eines Lösungsskizzenblattes nicht aus).
Prof. Dr. Dr. h.c. Ekkehard Schumann
Prof. Dr. Michael Heese, LL.M. (Yale)
Eine Anleitung zur Lösung von Fällen aus dem Erkenntnisverfahren und der Zwangsvollstreckung. Hinweise zur Bearbeitung der Hauptprobleme des Zivilprozeßrechts. 4. Auflage, München 2023, 290 Seiten, Verlag C.H.Beck.
Der Band stellt das Zivilprozessrecht fallbezogen dar. Er behandelt die Hauptprobleme des Erkenntnisverfahrens und des Zwangsvollstreckungsrechts aus der Sicht desjenigen, der einen Fall im Studium oder im Examen zu lösen hat. Von besonderer Bedeutung sind dabei die wichtigen Hinweise auf Schwierigkeiten und Fehler, die bei der Fallbearbeitung immer wieder auftreten.
Das Bundesjustizministerium plant die Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens (LeitEVerf) beim BGH. Der Referentenentwurf muss als Gegenentwurf zum Vorschlag eines Vorabentscheidungsverfahrens beim BGH (Heese/Schumann NJW 2021, 3023) verstanden werden. Das BMJ ist damit zwar gesprungen, aber viel zu kurz. Ein bloßes LeitEVerf reicht nicht aus; es ist vielleicht ein Kiesel, aber sicher kein „Baustein für eine effiziente Erledigung von Massenverfahren“, meint Professor Heese im NJW-Editorial 27/2023.
Vgl hierzu nun auch die Kritik des Deutschen Richterbundes: "[D]as hier vorgeschlagene Leitentscheidungsverfahren [greift] erheblich zu kurz. Es lässt keine spürbare Entlastung der Zivilgerichte erwarten".
Inzwischen liegen zahlreiche Stellungnahmen von Interessengruppen vor, die das Leitentscheidungsverfahren ebenfalls ganz überwiegend ablehnen und mehrheitlich die Einführung eines Vorabentscheidungsverfahrens fordern. Das wesentlich weitergehende Vorabentscheidungsverfahren wird uA auch befürwortet von
Vorabentscheidungsverfahrens in Massenverfahren beim zuständigen
Revisionsgericht aus."
93. Justizministerkonferenz v. 1./2.6.2022, TOP I.6: "Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordert eine rasche rechtssichere Klärung der den Massenverfahren zugrunde liegenden Rechtsfragen. Hierzu kann auch auf die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Vorabentscheidungsverfahren zurückgegriffen werden."
Antrag der Fraktion der CDU/CSU v. 7.2.2023: "Kollaps der Ziviljustiz verhindern – Wirksame Regelungen zur Bewältigung von Massenverfahren schaffen", BT-Drucks. 20/5560: "Um die Funktionsfähigkeit der Ziviljustiz zu erhalten, besteht dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. [...] Dies umfasst die Einführung eines Vorabentscheidungsverfahrens, durch das die in Massenverfahren auftretenden entscheidungserheblichen Rechtsfragen frühzeitig einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt werden können."
Jaeger, Insolvenzordnung, Großkommentar, Band 1, §§ 1-35 InsO, 2. Auflage. Vollständige Neukommentierung der §§ 20-25 InsO [Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners sowie vorläufige Maßnahmen des Insolvenzgerichts im Eröffnungsverfahren] auf ca. 380 Seiten. Erscheint vsl. im Sommer 2024.
Kann ein Instrument des kollektiven Rechtsschutzes - wie die Musterfeststellungsklage - zu einer Entlastung der Justiz von Massenverfahren führen? Und wenn ja, wie? Professor Heese fordert im Interview im ARD/ZDF Mittagsmagazin v. 16.5.2023 (ab Minute 20.30) , in SWR Aktuell v. 16.5.2023 und auf tagesschau.de erneut eine Abkehr vom Verbandsklagemonopol mit opt-in und die Einführung von Gruppenklagen mit opt-out nach U.S.-amerikanischem Vorbild. "Überlastung der Justiz wie bei Diesel-Klagen jederzeit wieder möglich", tagesschau.de v. 16.5.2023.
Regulierung, also die mit Steuerungsintention erfolgte Umsetzung politischer Allgemeinwohlziele, ist ein Anliegen der Gesamtrechtsordnung – und damit auch des Zivilrechts. Die europäische Privatrechtsharmonisierung steht regulatorisch im Dienst der Verwirklichung des Binnenmarkts. Der konkrete Regulierungsbeitrag des europäischen Kaufrechts wurde mit der WarenkaufRL nochmals deutlich verstärkt. Der Beitrag betrachtet das reformierte EU-Kaufrecht aus der Regulierungsperspektive anhand zentraler Regulierungsziele, die zum Zweck der Verwirklichung des Binnenmarkts Eingang in die Kaufrechtsharmonisierung gefunden haben, die Förderung eines regenerativen Wachstums durch nachhaltige Konsumgüter und den Verbraucherschutz. Überdies wird ein blinder Fleck der europäischen Privatrechtsregulierung identifiziert, die Prävention arglistigen Verhaltens. Der Beitrag kommt zu dem Ergebnis: Die WarenkaufRL ist teilweise als vielversprechend, teilweise als überschießend und teilweise als defizitär zu bewerten. Heese, AcP 222 (2022), 703-735. Zum Inhaltsverzeichnis.
Mit seinem VW-Grundsatzurteil (NJW 2020, 1962) wollte der VI. Zivilsenat des BGH die Grundlagen der deliktischen Herstellerhaftung geklärt wissen; von einem Machtwort aus Karlsruhe war die Rede: „Roma locuta, causa finita” (Lorenz NJW 2020, 1924). Doch zeigt sich einmal wieder: Rom liegt nicht in Karlsruhe. Professor Heese im NJW-Editorial Heft 26/2022 zum Votum des Generalanwalts am EuGH Athanasios Rantos v. 2.6.2022 (vgl. BeckRS 2022, 12232) und seinen Folgen für abgeschlossene, laufende und neue Verfahren.
EuGH folgt GA: Mit Urt. v. 21.3.2023 hat sich der EuGH erwartungsgemäß dem GA angeschlossen, vgl. die Pressemitteilung des EuGH zu EuGH, Urt. v. 21.3.2023, Rs. C-100/21 (Mercedes-Benz AG): Unionsrecht schützt auch die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs / Mitgliedstaaten müssen Schadensersatz des Käufers gegen den Hersteller vorsehen / Schadensersatz nach nationalem Recht muss auch bei Anrechnung der Nutzungen in angemessenem Verhältnis zum Schaden stehen.
In dem Hollywood-Klassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erlebt Wetteransager Phil Connors bekanntlich denselben Tag wieder und wieder. So oder so ähnlich müssen sich jetzt Volkswagen und viele Tausend Kunden des Konzerns fühlen.
Denn durch das "einfache und kostengünstige" Software-Update wurde lediglich eine "evident" unzulässige Abschalteinrichtung durch eine andere ("offensichtlich" den Zielen des europäischen Rechts zuwiderlaufende) unzulässige Abschalteinrichtung ersetzt - so hat es jedenfalls jetzt der EuGH mit drei inhaltsgleichen Urteilen v. 14. Juli 2022 in aller Klarheit festgestellt. Das ist Anlass genug für eine Glosse. Heese, VW-Dieselskandal 2.0 oder: Und täglich grüßt das Murmeltier, JZ 2022, 776.
Update: Auch in der Instanzrechtsprechung der EU-Staaten setzt sich allmählich durch, dass das Thermofenster im VW-Software-Update illegal ist
Im Nachgang auch interessant:
Rudert das KBA nun doch zurück? Vgl Stellungnahme des KBA v. 9.12.2022 zu dem im VW California 2.0l Diesel Euro 5 zum Einsatz kommenden Thermofenster:
"Allerdings wird im Rahmen dieser EuGH-Urteile festgelegt, dass „eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet wäre, offensichtlich dem mit dieser Verordnung Nr. 715/2007 verfolgten Ziel, von dem diese Bestimmung nur unter ganz besonderen Umständen eine Abweichung zulässt, zuwiderläuft“ (EuGH-Urteile vom 14. Juli 2022, Rn. 63). Zu diesem neuen Aspekt erfolgt nun eine weiterführende Prüfung des Sachverhaltes in Bezug auf die ursprünglich mit dem betroffenen Fahrzeug ausgelieferten Stand der Software der Motorsteuerung."
Das KBA rudert zurück! Vgl Stellungnahme des KBA v. 10.11.2022 zu dem im Mercedes Benz B 180 CDI Euro 5 zum Einsatz kommenden Thermofenster (LG Berlin 14 O 244/20):
"Ferner verfügen die hier betroffenen Fahrzeuge über eine temperaturbedingte Regelung der Abgasrückführung (AGR) (sog. "Thermofenster"). [...] Eine hinreichende Rechtfertigung bzw. Begründung zur Zulässigkelt dieser Abschalteinrichtung
über Motorschutzmaßnahmen bzw. unter Berücksichtigung [...] der Entscheidungen des EuGH gemäß Urteilen vom 14. Juli 2022 zur Zulässigkelt von Thermofenstern (C-128/20, C-134/20, C-145/20) hinsichtlich des Motorschutzes wurde durch den Hersteller nicht vorgebracht. [...] Im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens hatte der Fahrzeughersteller keine konkreten Angaben zu den Emissionsstrategien gemacht."
Müssen Klimaaktivisten, die Flughäfen blockieren, finanziell für Schäden aufkommen? Nachdem ein LTO-Gastbeitrag das mit einem klaren "Nein" beantwortete, meint Michael Heese nun: Doch, sie handeln sittenwidrig. LTO Gastkommentar v. 20.12.2022.
Nach dem Willen der Justizministerkonferenz könnte es in Zivilsachen zur Einführung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim BGH kommen. Das Prozessinstitut soll eine „zügige höchstrichterliche Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen in Bezug auf Massenverfahren“ erreichen. Es dient der Prozessökonomie sowie wirksamer Justizgewährleistung und bewegt sich auf der Schnittstelle von individuellem und kollektivem Rechtsschutz.
Der Beitrag begrüßt das Reformvorhaben, erläutert, was man von einem solchen Verfahren erwarten kann und was nicht und skizziert wesentliche Fragen, die sich bei der Umsetzung stellen. Heese/Schumann, NJW 2021, 3023-3029.
Im Nachgang interessant
Vorabentscheidungsverfahrens in Massenverfahren beim zuständigen
Revisionsgericht aus."
93. Justizministerkonferenz v. 1./2.6.2022, TOP I.6: "Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordert eine rasche rechtssichere Klärung der den Massenverfahren zugrunde liegenden Rechtsfragen. Hierzu kann auch auf die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Vorabentscheidungsverfahren zurückgegriffen werden."
Antrag der Fraktion der CDU/CSU v. 7.2.2023: "Kollaps der Ziviljustiz verhindern – Wirksame Regelungen zur Bewältigung von Massenverfahren schaffen", BT-Drucks. 20/5560: "Um die Funktionsfähigkeit der Ziviljustiz zu erhalten, besteht dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf. [...] Dies umfasst die Einführung eines Vorabentscheidungsverfahrens, durch das die in Massenverfahren auftretenden entscheidungserheblichen Rechtsfragen frühzeitig einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt werden können."
Der Dieselskandal hat zwei Individualklagewellen nach sich gezogen, die die Zivilgerichtsbarkeit bundesweit seit Jahren extrem belasten. Die erste Klagewelle bewirkte inzwischen die höchstrichterliche Klärung zentraler Fragen. Die zweite Klagewelle verursacht an den Instanzgerichten einen noch weitaus höheren Aufwand, weil die ihr zugrunde liegenden Sachverhalte bis heute nicht (hinreichend) aufgeklärt sind. Die Möglichkeiten ebenso wie die Grenzen gerichtlicher Sachaufklärung im Zweiparteienprozess stehen im Mittelpunkt des Beitrags; ergänzt wird die Analyse durch Überlegungen zu einem verbesserten System des kollektiven Rechtsschutzes. Heese NJW 2021, 887-893.
Im Nachgang interessant:
Die Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen ist ein zentraler und gleichwohl wenig beachteter Bestandteil der Gerichtsöffentlichkeit. Mit den Überlegungen zu Ehren von Herbert Roth soll ein strukturelles Defizit offengelegt und eine überfällige Debatte angestoßen werden.
Heese, Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen im Zeitalter der Digitalisierung – Entwicklungsstand und Entwicklungsdefizite einer Funktionsbedingung des modernen Rechtsstaats, in: Althammer/Schärtl, Dogmatik als Fundament für Forschung und Lehre, Festschrift für Herbert Roth zum 70. Geburtstag, 2021, S. 283-340. Auszug aus der Abhandlung: Einleitung - Kernthesen - Regelungsvorschlag.
Im Nachgang interessant Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, S. 106: "Gerichtsentscheidungen sollen grundsätzlich in
anonymisierter Form in einer Datenbank öffentlich und maschinenlesbar verfügbar sein".
Hard Cases & Great Cases Make Bad Law. Doch auch die schiere Masse gleichgelagerter Fälle hinterlässt Schneisen in der gewohnten Qualität richterlicher Rechtsfindung. Das zeigt sich (abermals) bei der Aufarbeitung des Dieselskandals - findet Michael Heese und fordert eine beherzte Reform der zivilprozessualen Sachaufklärung im NJW-Editorial Heft 3/2022.
Im Nachgang interessant: BGH, Beschl. v. 10.1.2023 – VIII ZR 9/21, BeckRS 2023, 1723: Mercedes-Benz mit Motor OM 642 und unzulässiger Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR) als Sachmangel. Zur auch deliktsrechtlichen Relevanz des Beschluses siehe Rn. 29: „Sollte die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung daher - wie von der Klägerin behauptet - nahezu ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktivieren, wäre dieser Umstand grundsätzlich geeignet, um auf eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden und ein entsprechendes Unrechtsbewusstsein der Beklagten schließen zu lassen“.
Mit drei Urteilen v. 14.7.2022 hat sich der EuGH abermals zum Volkswagen-Dieselskandal geäußert. Dieses mal ging es um ein sogenanntes Thermofenster, eine Abschalteinrichtung, die Volkswagen in sein Software-Update eingebaut hatte. Mit diesem Update sollte die ursprüngliche "Schummelsoftware" beseitigt werden, durch die der Abgasskandal im Jahr 2015 öffentlich wurde. Nach den neuen Entscheidungen des EuGH ist nun geklärt: Im Wege des Software-Updates wurde nur eine unzulässige Abschalteinrichtung durch eine andere ersetzt. Denn das Thermofenster ist, so der EuGH, „jedenfalls unzulässig“, weil die Abgasrückführung in diesem konkreten Fall praktisch während des überwiegenden Teils des Jahres verringert wird. Eine voll wirksame Rückführung der Abgase findet nämlich nach den Feststellungen der vorlegenden Gerichte nur bei einer Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius statt. In einem Interview mit Bayern 2 - radioWelt v. 14.7.2022 spricht Professor Heese über die Bedeutung und einige naheliegende Konsequenzen der neuen EuGH-Entscheidungen.
Mit „Legal-Tech-Inkasso“ und „Consumer Claim Purchasing“ wollen private Unternehmen eine staatlich hinterlassene Rechtsschutzlücke schließen. Rechtsprechung (VIII ZR 285/18 / II ZR 84/20) und Gesetzgebung tun gut daran, diese Entwicklung zu fördern. Doch darf die Deregulierung nicht zur Folge haben, dass sich das private Versprechen wirkungsvollen Rechtsschutzes ins Gegenteil verkehrt.
Dass diese Gefahr besteht, zeigt das Beispiel des aktuell stattfindenden Ankaufs von Erstattungsansprüchen gegen Betreiber von Fitnessstudios. Heese, NJW-Editorial Heft 36/2021: Verbrauchergerecht?
Im Nachgang interessant Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, S. 112: "Wir erweitern den Rechtsrahmen für Legal Tech-Unternehmen [und] legen für sie klare Qualitäts- und Transparenzanforderungen fest".
Zur der von Professor Heese in diesem Beitrag festgestellten "Eindeutigkeit" der Rechtslage in Bezug auf Beitragspflicht und Vertragsverlängerung bei coronabedingter Fitnessstudioschließung s. jetzt auch BGH, Urt. v. 4. Mai 2022 – XII ZR 64/21: "Der Betreiber eines Fitnessstudios hat [...] gegen seinen Vertragspartner keinen Anspruch auf eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage dahingehend, dass die vereinbarte Vertragslaufzeit um den Zeitraum einer pandemie-bedingten Schließung des Fitnessstudios verlängert wird." Und im Nachgang interessant: Musterfeststellungsklage gegen die East Bank Club The Fitness Factory GmbH ("SuperFit Sportstudios") endet nach richterlichem Hinweis auf BGH-Urteil mit Anerkenntnisurteil, vgl. KG Berlin, Anerkenntnisurt. v. 29.8.2022 - 20 MK 1/21, BeckRS 2022, 24605.
Am 28. Dezember 2021 hat Ekkehard Schumann seinen 90. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass ehrt ihn der Verlag Mohr Siebeck mit einem von Michael Heese und Tonio Walter verfassten Glückwunsch. Heese/Walter JZ 2022, 27.
Der Dieselskandal hat Individualklagewellen nach sich gezogen, die die Zivilgerichte bundesweit seit Jahren überlasten. Die hieraus entstandene Diskussion um eine sich angeblich entwickelnde "Klageindustrie" ist unausgewogen und nicht zielführend. Wer eine "Klageindustrie" am Werk sieht, verwechselt Ursache und Wirkung findet Professor Heese und fordert im NJW-Editorial Heft 9/2021 mehr kollektiven Rechtsschutz.
Der Staat ist von Verfassungs wegen zur lückenlosen und ungekürzten Veröffentlichung der Entscheidungen seiner Gerichte verpflichtet. Eine Entscheidung muss hierzu nicht besonders „veröffentlichungswürdig“ sein. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung soll nach überwiegender Auffassung zwar die Anonymisierung persönlicher Angaben und Umstände erforderlich machen. Weitergehende Schwärzungen von Sachverhalt oder Entscheidungsgründen lassen sich mit den Persönlichkeitsrechten der Beteiligten dagegen typischerweise nicht begründen. An einem unlängst gescheiterten Versuch, die Veröffentlichung zweier BGH-Entscheidungen unter Berufung auf den Ehrschutz in größtmöglichem Umfang zu verhindern, lassen sich diese Grundsätze und einige verfahrensrechtliche Besonderheiten veranschaulichen. Und im Hinblick auf die noch immer bruchstückhafte Veröffentlichung der Entscheidungen der Instanzgerichtsbarkeit ist festzustellen: Entscheidungsöffentlichkeit ist ein Reformthema für das digitale Zeitalter. Heese, Die praktisch uneingeschränkte Pflicht des Staates zur Veröffentlichung der Entscheidungen seiner (obersten) Gerichte – Zu OLG Karlsruhe v. 22.12.2020 – 6 VA 24/20, JZ 2021, 665.
Vgl. weiterführend Heese, Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen im Zeitalter der Digitalisierung – Entwicklungsstand und Entwicklungsdefizite einer Funktionsbedingung des modernen Rechtsstaats, in: Althammer/Schärtl, Dogmatik als Fundament für Forschung und Lehre, Festschrift für Herbert Roth zum 70. Geburtstag, 2021, S. 283-340. Auszug aus der Abhandlung: Einleitung - Kernthesen - Regelungsvorschlag. Zum Thema auch eingehend Hamann, Der blinde Fleck der deutschen Rechtswissenschaft – Zur digitalen Verfügbarkeit instanzgerichtlicher Rechtsprechung, JZ 2021, 656 und Hamann, Transparenz der Justiz, Stagnation seit 50 Jahren, LTO v. 2.7.2021.
Der VI. Zivilsenat des BGH hat sich mehrfach zur deliktischen Haftung der Volkswagen AG wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung positioniert. Obschon seine klaren Feststellungen zur Haftung dem Grunde nach im Ausgangspunkt zu begrüßen sind, muss eine Bilanz doch insgesamt kritisch ausfallen. Mit der Anwendung der Vorteilsausgleichung in Kombination mit der Versagung von Deliktszinsen hat der Senat Wesen und Funktion des Strafschadensersatzes sowie zentrale Wertungen des geltenden Zivilrechts verkannt und sich in Widerspruch zur Rechtsprechung anderer Zivilsenate gesetzt. Sein Bekenntnis zur Präventionsfunktion des Haftungsrechts bleibt ein Lippenbekenntnis. Heese NJW 2020, 2779.
Der Bundesgerichtshof wird sich voraussichtlich im Mai 2020 erstmals mit einer gegen die Volkswagen AG erhobenen Klage öffentlich befassen. Der Beitrag knüpft an die Ausführungen des Verfassers in NJW 2019, 257 zur „Herstellerhaftung für manipulierte Diesel-Kraftfahrzeuge“ an und behandelt schwerpunktmäßig die seither ergangene und inzwischen umfangreiche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. Nach ganz überwiegender Auffassung haftet die Volkswagen AG den Käufern dem Grunde nach aus § 826 BGB auf Schadensersatz. Die Gegenansicht, die sowohl den Haftungsgrund als auch den Fortbestand des Schadens bestreitet, überzeugt nicht. Heese JZ 2020, 178.
Der europäische Binnenmarkt und der freie Handel stellen die Zukunftsfähigkeit der deutschen Dogmatik der Mobiliarsicherheiten zunehmend in Frage. Diese ist – bedingt durch ihre Entwicklungsgeschichte unter anfänglichem Ringen um Sinn und Nutzen von Publizität – hyperkonstruktiv und konfus. Der Umgang mit einzelnen Sicherungsrechten und ihren Funktionsäquivalenten im geltenden Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht ist teilweise widersprüchlich und insoweit wertungsmäßig verfehlt. Die Anerkennung und der Umgang mit publizitätslosen Mobiliarsicherheiten ist dagegen eine – vielleicht sogar die – deutsche Erfolgsgeschichte. Im Rahmen der wünschenswerten europaweiten Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten wird man mit ihr aber kaum Gehör finden, wenn man sich einer Dekonstruktion der geltenden Dogmatik und ihrer teilweisen funktionalen Neuausrichtung verschließt.
Der anlässlich des Fakultätsseminars im November 2018 gehaltene Vortrag "Die Dogmatik der Mobiliarsicherheiten - Nachdenken über ein widersprüchliches System und seine Zukunftsfähigkeit in einem europäischen Rechtsrahmen" ist erschienen in: Boele-Woelki et al., Festschrift für Karsten Schmidt zum 80. Geburtstag, 2019, Band 1, S. 409.