Lebenslauf
Forschung
Forschungsinteressen
- Mittelalterliche Historiographie (insbesondere Stadt- und Hauschronistik)
- Memorial- und Geschlechterbücher (Schwerpunkt Nürnberg)
- Städtische Eliten im Mittelalter
- Intertextualität zwischen literarischen und historiographischen Texten des Mittelalters
- Funktionalisierungsstrategien innerhalb chronikaler Texte des Mittelalters
Abstract des Promotionsprojektes
Haus- und Familienbücher der Nürnberger Stadtelite im 15. Jh. (Arbeitstitel)
Betreuer: Prof. Dr. Jörg Oberste (Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften)
Der Metropole Nürnberg gebührt aufgrund ihrer reichhaltigen und überaus diversen Literaturlandschaft besondere Aufmerksamkeit bei einer Betrachtung der städtischen Historiographie des Spätmittelalters. Grundlage dieses Projektes sind die Familienbücher des 15. Jh.s, die aus Nürnberg in beispielloser Fülle überliefert und in weiten Teilen von der Forschung bisher unbeachtet geblieben sind – eine ausgesprochen heterogene Gruppe von Texten, deren Urheber in fast allen Fällen Mitglieder des Nürnberger Patriziats sind. Inhaltlich handeln sie ein breites Spektrum von Themen ab: genealogische Aufzeichnungen, private Notizen, Berichte über familiäre Angelegenheiten, Autobiographien, fiktive Herkommensgeschichten, Geschäftsangelegenheiten, Stiftungen und Reliquienbesitz der Familie, historiographische Aufzeichnungen (meist Stadtgeschichte, zuweilen auch Reichsgeschichte) sowie interessante ‚Merkwürdigkeiten‘, etwa Rezepte.
Im Zuge dieses Projektes sollen die Familienbücher nach ihren Themenfeldern kategorisiert, systematisiert und vor ihrem Entstehungshintergrund näher beleuchtet werden. Schreibanlässe und -absichten, die Funktion der einzelnen Familienbücher und die Frage, ob sich innerhalb der Gattung eine Fortführung von Traditionen abzeichnet, stehen im Fokus. Dabei muss beachtet werden, in welcher Lebenssituation sich der Verfasser und seine Familie zum Entstehungszeitpunkt befanden und welche Funktionen das Familienbuch dementsprechend zu erfüllen hatte (z.B. traditionale Sinnstiftung, Statuslegitimierung, kaufmännische Pragmatik, Nachahmung, Didaktik). Durch die Wiedergabe teils bis ins Ausland reichender geschäftlicher Beziehungen, das Auflisten von Heiratsverbindungen mit anderen wichtigen Geschlechtern oder das Kreieren einer Familiengeschichte, die den eigenen Ahnen eine Sonderrolle zuschreibt, soll der eigene Platz in der Stadtgesellschaft behauptet und die Identität als städtische Elite festgeschrieben werden.
Die Nürnberger Familienbücher sollen als Zeugnisse der individuellen Interessen, Lebenserfahrungen und -realitäten ihrer Verfasser verstanden und untersucht werden. Neben den intertextuellen Beziehungen soll der Fokus der Analyse daher vor allem auf den Erkenntnissen liegen, die die Texte über die Individuen hinter der Schreibfeder zulassen. Schreibanlässe, Funktionen der Texte für ihre Verfasser und deren Familien und Auskünfte über die Themenfelder, die von spezifischen Mitgliedern der Stadtelite als des Festhaltens würdig erachtet wurden (und warum), werden im Vordergrund der Untersuchung stehen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Heterogenität der Gattung auch ein Zeichen für die individuellen Umstände ist, aus denen heraus Familienbücher angefertigt wurden. Die Beschäftigung mit diesen Zeugnissen soll den Blick auf einen eng gefassten, in vielen Fällen privaten Aspekt der Nürnberger Stadtgeschichte, nämlich die Geschichte einzelner Individuen aus dem Kreis der Stadtbewohner, lenken.