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Aktuelles: Jane Goodall – die Grande Dame des Naturschutzes

Nachruf von Prof. Dr. Inga Neumann

08. Oktober 2025, von Prof. Dr. Inga Neumann

  • Biologie und Vorklinische Medizin
  • Nachruf

Mit dem Tod von Dr. Jane Goodall am 1. Oktober 2025 haben wir die verdienteste und bekannteste Umweltschützerin und Mahnerin für einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen verloren. 

Ausgebildet als Sekretärin und ohne Hochschulabschluss hat sie in den 1960er Jahren ihren Traum erfüllt, das Verhalten des Gemeinen Schimpansen, speziell des östlichen Schimpansen (Pan troglodytes schweinfurthii), in der Wildnis von Tansania, im Gombe-Nationalpark, zu beobachten – allein und über viele Jahre hinweg. Damit hat sie nicht nur damals gängige Tabus gebrochen und Barrieren für Frauen auf der ganzen Welt geöffnet, insbesondere ihre Arbeit als Forscherin war bahnbrechend und setzte neue Maßstäbe in der Primatenforschung. So gab sie den einzelnen Schimpansen, die sie beobachtete, keine Nummern, sondern Namen. Sie beschrieb im Detail ihre individuellen Persönlichkeiten, ihre sozialen Strukturen in der Gruppe und ihre kommunikativen und kognitiven Fähigkeiten, die man bisher nur Menschen zugetraut hatte. Bekannt ist sicherlich ihre Beobachtung, dass Schimpansen zum Gebrauch von Werkzeugen fähig sind. So nutzen sie kleine Stöckchen, um Termiten geschickt aus ihren Bauten herauszustochern, oder Steine, um Nüsse und Kerne zu knacken. Mit ihren Beobachtungen begann die strikte vom Menschen gezogene Grenze zwischen tierischem und menschlichem Verhalten zu bröckeln. Heute wissen wir aus zahlreichen Verhaltensstudien an Säugetieren und Vögeln: Nicht nur der Mensch kann in komplexen sozialen Strukturen leben, kooperieren, Mitgefühl zeigen sowie Kommunikation und Werkzeuge beherrschen. 

Dr. Jane Goodall
Dr. Jane Goodall in Tacugama

Doch Dr. Jane Goodall verschloss die Augen nicht vor den riesigen Problemen, vor denen unsere Mutter Erde mit Überbevölkerung, Vernichtung vieler einzigartigen Habitate und Klimaerwärmung steht. Unermüdlich setzte sie sich für Umweltschutz, Bewahrung der Biodiversität und einzigartiger Lebensräume und die Förderung des Umweltbewusstseins ein. Sie gründete 1977 das Jane-Goodall Institute, engagierte sich als EU-Friedensbotschafterin und reiste um die Welt, um politische Akteure von der Notwendigkeit nachhaltiger Politik zu überzeugen. Sie initiierte das weltweite Programm „Roots & Shoots“, das Kinder und Jugendliche dafür gewinnen soll, sich im unmittelbaren Umfeld, in kleinen und kleinsten Aktionen im eigenen Dorf oder in der eigenen Stadt für die Umwelt zu engagieren. In über 70 Ländern wurden Roots & Shoots Gruppen gegründet, auch in Deutschland. „Because, multiplied a million, a billion times, even small actions will make for great change“, betonte sie in einem ihrer letzten Interviews.  

Sie liebte es, mit Gleichgesinnten zu diskutieren und Umweltprojekte unterstützte, die ihr am Herzen lagen. So besuchte Dr. Jane Goodall vor einigen Jahren die Schimpansen-Auffangstation Tacugama in Sierra Leone (https://www.tacugama.com/ (externer Link, öffnet neues Fenster)), wo ich sie überraschend traf. Tacugama kümmert sich seit 30 Jahren um Schimpansen-Waisen, deren Mütter im Urwald von Wilderen erschossen wurden – zum Verkauf oder Eigenverzehr des Fleisches. Ohne reale Chance auf Auswilderung werden die oft stark traumatisierten Jungtiere umfänglich betreut, in gut geschützten großflächigen Waldgehegen großgezogen und dienen als „Botschafter“ der massiven Umwelt-Probleme des Landes. Die wenigen verbliebenen Regenwälder Sierra Leones – die Lebensräume der Schimpansen und anderer bedrohter Tiere – sind wegen Abholzung bedroht und werden von Wilderern geplündert.  Tacugama setzt sich nicht nur liebevoll für die Schimpansen-Waisen ein, sondern versucht ein umfangreiches Programm für den Erhalt der Regenwälder umzusetzen. Dazu gehören die Umweltbildung der Kinder, die Unterstützung der Landwirtschaft in den den Regenwäldern anliegenden Dörfern und immer wieder Aktionen, um die Menschen in diesem drittärmsten Land der Welt für Fragen des Umweltschutzes zu sensibilisieren. Seit sechs Jahren unterstütze ich selbst diese Intitiativen auf vielfältige Art: durch Forschung zum Hormon Oxytocin, das anti-traumatisch wirken könnte, durch Spenden-Rekrutierung und auch die Arbeit direkt vor Ort.

Mit ihrem Fachwissen und Engagement war Jane Goodall wohl die berühmteste Unterstützerin von Tacugama. Jeder, der sie treffen durfte, war von ihrer Energie, ihren Visionen und ihrer nicht versiegen wollenden Hoffnung beeindruckt. In aufrüttelnden Vorträgen erhob sie ihre klare Stimme als Mahnerin für Natur und Umwelt, ein menschliches Miteinander und die Klugheit der Menschen im Umgang mit unserer Natur. Wir alle hätten jeden Tag Einfluss auf diesen Planeten. Einen wichtigen Satz habe ich nicht vergessen: „Wenn Du abends ins Bett gehst, überleg Dir, was Du an diesem Tag gemacht hast. Und vielleicht kannst Du sagen: 'Ich habe die Welt nicht schlechter gemacht.' Und es wäre wunderbar, wenn Du sagen könntest: 'Ich habe sie ein bisschen besser gemacht.‘“

Ohne Dr. Jane Goodall ist die Welt ein großes Stück ärmer geworden.

Prof. Dr. Inga Neumann 

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Universität Regensburg
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